Die Euro-Staaten wollten handlungsfähig erscheinen und bis zur Marktöffnung am Montag Waffen haben, die so abschreckend wirken, dass Ruhe am Markt herrscht. Nun ist zwar die Gesamtsumme für die Verteidigung des Euro dank eines sehr großen möglichen Beitrags des IWF noch einmal gewachsen - auf 750 Milliarden Euro. Einschließlich der Kredite für die Griechen sind wir damit bei 860 Milliarden Euro und in den Dimensionen der Bankenkrise. Zumal die möglichen Interventionen der EZB am Bondmarkt nicht einmal eingerichtet sind, die ebenfalls in die hunderte von Milliarden gehen könnten.
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...aus der aktuellen Ausgabe der "Financial Times Deutschland"
Der größte Schattenhaushalt der Geschichte
Andererseits hat die EU auch wieder gezeigt, dass ihre Prozeduren kompliziert sind und auch in der Stunde der Not interne Machtkämpfe stattfinden. Die meisten Euro-Länder wollten Staatsgarantien, mit deren Hilfe sich die EU-Kommission Geld geliehen hätte. Das hielt die Bundesregierung wie schon im Fall Griechenland für ein unerlaubtes Bail-Out, der für den erkrankten Finanzminister Wolfgang Schäuble eingeflogene Innenminister Thomas de Maizière leistete auftragsgemäß Widerstand. Passenderweise ist er ja auch Verfassungsminister.
Die jetzt gefundene Konstruktion ist eine klassische Umgehungskonstruktion, genauer gesagt der größte Schattenhaushalt der Geschichte. Nicht die EU-Kommission darf sich mit Garantien der Mitglieder Geld leihen, sondern eine Zweckgesellschaft, die in den nächsten Tagen noch gegründet werden muss. Wie bei Griechenland ist die Hilfe damit juristisch bilateral, anders als bei Griechenland wird sich der neue Fonds aber wohl selber Geld leihen müssen.
Deutschland hat somit inhaltlich nachgegeben, denn die Zweckgesellschaft wird Eurobonds auflegen, also am Markt einen Zinssatz zahlen müssen, der über dem deutschen Satz liegt. Nur die 60 Milliarden Euro, die die Kommission als Zahlungsbilanzhilfe geben darf, sind sofort verfügbar. Das könnte plötzliche Marktbewegungen ausgleichen.
Konstruktion fordert neue Spekulationen heraus
Ansonsten gilt: Wenn ein Land Probleme hat, wird ein paar Wochen über ein Sparprogramm verhandelt, dann muss das Geld besorgt werden, dann wird ausgezahlt. Das funktioniert technisch, Staaten brauchen nur alle paar Wochen Geld. Aber die Konstruktion fordert zu neuen Spekulationen des Marktes heraus. Denn im Entscheidungsprozess wird es jedes Mal Unsicherheiten geben. Immerhin gibt die EU jetzt zu, dass es als nächstes Portugal und Spanien treffen würde. Beide müssen binnen einer Woche neue Sparvorschläge vorlegen. Die Spanier allerdings planen weniger Einsparungen, als von anderen gewünscht.
Wenn die EU Glück hat, reicht diesmal das Vorzeigen großer Geldbeträge. Bei Griechenland haben die Garantien nicht gereicht. Andererseits wird mit jeder neuen Spekulationswelle am Markt die Bereitschaft der Politik wachsen, die Märkte schärfer zu kontrollieren.
Der Bundestag wird in kurzer Frist das zweite Gesetz zur Stabilisierung der Währungsunion beschließen müssen. Diesmal geht es um einen Garantierahmen von über 120 Milliarden Euro. Vor zwei Wochen waren es 8,4, dann 22,4 Milliarden Euro. Die schlimmsten Befürchtungen waren noch untertrieben, trotzdem liegen die Garantien im deutschen Interesse.