Strom- und Gastarife Warum die "Preisgarantie" nicht immer vor Preiserhöhungen schützt

Viele Strom- und Gaskunden erhalten derzeit Preiserhöhungen
Viele Strom- und Gaskunden erhalten derzeit Preiserhöhungen
©  Prostock-Studio / Getty Images
Wer in seinem Strom- oder Gasvertrag eine Preisgarantie stehen hat, kann trotzdem mit Preiserhöhungen konfrontiert werden. Warum das so ist – und was Verbraucher tun können.

Die Energiepreise klettern auch im neuen Jahr weiter. Laut dem Vergleichsportal Check24 haben Strom und Gas in der Grundversorgung im Januar einen Allzeitrekord erreicht. Strom ist im Schnitt ein Drittel teurer als vor einem Jahr, Gas sogar doppelt so teuer. Mehr als 700 Stromversorger und 1000 Gasversorger haben in den vergangenen Monaten die Preise erhöht.

Was die Situation für betroffene Verbraucher so schwierig macht: Wer eine Preiserhöhung bekommt, hat zwar ein Sonderkündigungsrecht, doch er muss in der derzeitigen Situation erstmal einen günstigeren Anbieter finden. Denn während Neukunden früher mit Boni zum Wechseln gelockt wurden, sind viele Anbieter mittlerweile dazu übergegangen, Neukunden sogar teurere Tarife anzubieten. Selbst zahlreiche Grundversorger tun das neuerdings, wobei das eigentlich der Idee der Grundversorgung entgegen läuft, wie Verbraucherschützer kritisieren. 

Eingeschränkte Preisgarantien

Verträge mit einer sogenannten "Preisgarantie", etwa für zwölf Monate, erscheinen in der aktuellen Situation daher besonders attraktiv. Allerdings: Selbst eine Preisgarantie schützt oft nicht vor Preiserhöhungen, wie zahlreiche Kunden zuletzt schmerzlich erfahren mussten. "Finanztest" nennt verschiedene Fälle, in denen Kunden trotz Preiserhöhung mehr bezahlen müssen – und welche davon legal und welche anfechtbar sind.

Zunächst einmal der gängigste Fall: Wer ins Kleingedruckte schaut, wird feststellen, dass die meisten Preisgarantien nur den Teil des Preises garantieren, den die Anbieter unmittelbar selbst beeinflussen, also die Kosten für Beschaffung und Vertrieb. Die machen beim Strom aber nur ein Viertel und beim Gas etwa die Hälfte des Endkundenpreises aus. Der Rest sind Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, die von den Preisgarantien meist nicht eingeschlossen sind. Wenn diese steigen, können die Anbieter die Preise erhöhen, ohne ihr Preisversprechen zu brechen, wobei ein Sonderkündigungsrecht gilt. 

Kündigung trotz Garantie

Angesichts der explodierenden Beschaffungspreise fühlen sich manche Anbieter aber offenbar überhaupt nicht mehr an ihre Garantie gebunden. "Finanztest" berichtet von einer Leserin, deren Anbieter sich einfach über eine laufende Preisgarantie hinwegsetzte und den Strompreis um 85 Prozent erhöhte. In einem solchen Fall sehen die Experten zwei Möglichkeiten: Entweder Sonderkündigungsrecht nutzen, um sich weiteren Ärger zu ersparen, oder der Preiserhöhung mit Verweis auf die Garantie widersprechen – wobei manche Anbieter darauf ihrerseits mit Kündigung reagieren.

Ein besonders krasser Fall ist der von Stromio, Grünwelt und gas.de, die alle zum gleichen Mutterkonzern gehören. Die drei Anbieter haben im Dezember alle Lieferungen an ihre Kunden eingestellt und ihnen gekündigt. Insolvent sind die Firmen nicht, ihnen ist lediglich der Einkauf von Strom und Gas zu teuer geworden. Alle Kunden – auch die mit Preisgarantien – rutschen nun in die teure Grundversorgung beziehungsweise müssen sich einen anderen, wahrscheinlich ebenfalls teureren, Anbieter suchen.

Betroffene Verbraucher sollten alle weiteren Überweisungen stoppen und möglichst den Zählerstand notieren. Außerdem müssen sie den Rauswurf nicht klaglos hinnehmen. Die Verbraucherzentralen bieten Musterschreiben, mit denen sie mitteilen können, dass sie Lieferstopp und Kündigung für unwirksam halten und sich eine Forderung nach Schadensersatz vorbehalten. Der Schaden ergibt sich aus der Differenz des alten gekündigten Vertrags und des neuen, teureren Tarifs. Die Erfolgsaussichten solcher Schadensersatzforderungen sind derzeit noch unklar.

Wer einen günstigen Strom- oder Gastarif sucht, kann bei großen Vergleichsportalen wie Check24 und Verivox vergleichen oder einen automatischen Tarifaufpasser wie Wechselpilot oder Switchup beauftragen. Kriterium. Die Verbraucherzentralen empfehlen Verträge von maximal 12 Monaten Laufzeit, mit monatlicher Verlängerung und einem Monat Kündigungsfrist. Eine Preisgarantie ist natürlich besser als keine, schützt aber eben nicht immer vor Erhöhungen.

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