Auf den letzten Drücker und spottbillig noch an die Türkische Riviera, zum Ballermann nach Mallorca oder auf die Kanaren - solche meist spontanen Urlaubsreisen hatten diesem Jahr Hochkonjunktur wie nie. Reiselustige Spätentschlossene und Schnäppchenjäger werden aber schon bald nicht mehr auf eine schier unbegrenzte und attraktive Auswahl an billigen "Last Minute"- Angeboten bauen können.
Schluss mit dem Überangebot
Die Tourismus-Branche ist sich einig, dass mit dem Überangebot der supergünstigen Schnäppchen schon im Winter 2003/2004 Schluss sein soll. Die zu große Anzahl der Billigpreise, die in diesem Jahr ausuferten, sind nach einstimmigem Tenor aus der Branche für die Unternehmen nicht rentabel und sogar ruinös. Gelockt werden sollen die Kunden dagegen verstärkt mit deutlich ermäßigten Frühbucher- Rabatten, wie die Branchenführer TUI, Thomas Cook und Rewe Touristik ankündigten.
Nehmen, was da ist
Alles andere als den vielen Schnäppchen-Preisen ein Ende zu setzen, wäre "wirtschaftlich nicht mehr vertretbar", sagte Klaus Laepple, Präsident des Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalter Verbandes, in Bonn. Das Billigangebot werde "definitiv" sowohl bei Flügen wie auch bei Hotels gekürzt. "Kein Kunde wird sich ab Winter mehr darauf verlassen können, dass er das bekommt, was er gerne hätte, sondern er wird das nehmen müssen, was da ist."
"Last-Minute" bleibt im Angebot
"Last-Minute" werde auch nach wie vor ein "ein fester Bestandteil" der Urlaubsangebote bleiben, sagte Nina Dumbert, Sprecherin von Thomas Cook (Neckermann), des zweitgrößten Touristikkonzerns in Deutschland. "Dieser Anteil muss aber auf ein vernünftiges Maß" zurückgeschraubt werden." Dies seien etwa 15- bis 20 Prozent. "Ein größerer Anteil ist nicht rentabel." In diesem Jahr habe der Anteil bei etwa 30 Prozent gelegen.
Wettbewerbshüter wurden mißtrauisch
Die offenkundige Einigkeit der Branche über die geplanten Einschränkungen hat bereits die Aufmerksamkeit der Wettbewerbshüter gefunden. Bei gemeinsamen Absprachen gegen Billigpreise müssten sie mit einem Veto des Bundeskartellamts rechnen, warnte der Präsident des Kartellamts, Ulf Böge. "Dass Unternehmen einzeln auf schlechte Marktsituation reagieren und für sich selbst Konsequenzen ziehen, ist normal und auch in Ordnung. Das Kartellamt wird aber hellhörig, wenn geäußert wird, dass sich die Branche einig über das Ende von Preisschlachten sei", sagte Böge. Dann könne der Verdacht entstehen, dass es unerlaubte Abstimmungen innerhalb der Branche gebe.
Deutscher Reisemarkt ein 'enges Oligopol'
Auf dem Reisemarkt in Deutschland gebe es ein "enges Oligopol" mit nur wenigen entscheidenden Unternehmen am Markt, erläuterte Böge. Die Verbraucher hätten aber dadurch bislang nicht das Nachsehen gehabt, sondern von einem "scharfen Wettbewerb" profitiert. Schnäppchenpreise und "Last-Minute"-Angebote seien bisher zum Vorteil der Verbraucher ein den Wettbewerb belebendes Element gewesen. "Aber es darf nicht zu Absprachen kommen, diese zu beseitigen."
Branche einige gegen ruinöse Billigpreise
Es gebe einen Verdrängungswettbewerb und "keine Branchensolidarität oder ein Branchenvorgehen", betonte der Geschäftsführer von REWE Touristik, Jürgen Marbach. "Aber letztlich gibt es, aus der wirtschaftlichen Not des laufenden Jahres heraus, bei allen Reiseveranstaltern die Einsicht, dass solche Billigpreise ein ruinöser Wettbewerb sind und es so nicht weitergehen kann."