In den sozialen Netzwerken verbreitet sich gerade eine Praktikumsanzeige der etwas anderen Art. Veröffentlicht wurde sie auf der Recruiting-Plattform "Indeed", auf der Arbeitgeber offene Stellen inserieren. Gesucht wurde in diesem Fall ein Praktikant, der für einige Zeit in einem IT-Unternehmen mitarbeiten sollte. Allerdings sollte es dafür kein Geld geben – im Gegenteil: "Beachten Sie, dass es sich um ein umgekehrt finanziertes Praktikum handelt" schrieb das Unternehmen in die Anzeige. Das bedeutet: Der Praktikant sollte keine Vergütung für seine Arbeit, sondern sogar selbst 15 Dollar pro Stunde zahlen.
Ein Screenshot des Angebots – wenn man denn davon sprechen kann – kursiert seit einigen Tagen auf Twitter und Reddit und bringt dort die User auf die Palme. "Das ist ein neuer Tiefpunkt", kommentiert ein User, ein anderer schreibt: "Der Kapitalismus hat endgültig gewonnen." "Hoffentlich ist das nur ein Fake", meint ein Twitterer. Ob die Anzeige tatsächlich ernstgemeint ist, ist in der Tat nicht ganz klar.
Sollen Praktikanten für ein Praktikum bezahlen?
Offenbar hat es die Annonce auf der Seite aber wirklich gegeben: "Indeed" gab auf Twitter bekannt, dass es die Anzeige gelöscht habe und den Fall weiter unter die Lupe nehmen wolle. Gibt es in New York nun wirklich eine Firma, die Praktikanten blechen lässt, oder handelt es sich nur um einen Spaß? Das lässt sich (noch) nicht mit Sicherheit sagen – das Unternehmen, das die Stelle ausgeschrieben haben soll, lässt sich mit einer Google-Suche jedenfalls nicht finden. Doch allein schon die Tatsache, dass so viele diese Anzeige für bare Münze nehmen, erzählt eine Menge darüber, was auf dem Arbeitsmarkt falsch läuft.
Besonders Jobeinsteiger haben es schwer, von ihrer Arbeit auch leben zu können. Sie werden bei Praktika häufig mit Hungerlöhnen abgespeist, wenn sie denn überhaupt bezahlt werden. Und wenn sie überhaupt einen Praktikumsplatz ergattern können – denn in vielen Branchen bauen Unternehmen einen Teufelskreislauf aus Forderungen auf, die es vielen schwer machen, überhaupt einen Einstieg zu finden: Wer keine Erfahrung hat, bekommt kein Praktikum. Ohne Praktikum bekommt man keine Erfahrung. Wer keine Erfahrung hat, bekommt kein Praktikum.

Unmotivierte, ausgebrannte Berufseinsteiger
Nun wenden viele ein, dass diese Lehrjahre keine Herrenjahre seien und derlei unbezahlte Arbeit als Investition in die Zukunft zu sehen sei. Gut möglich, dass sich das Engagement in einigen Jahren auszahlt. Aber Arbeit ist ja kein Ehrenamt, sondern für die meisten in erster Linie Broterwerb. Wer in den ersten Jahren seiner Berufslaufbahn (bzw. vor dem eigentlichen Berufseinstieg) schon genug Geld für große Sprünge verdienen will, der hat in den meisten Fällen etwas falsch verstanden. Die Praktikanten von heute auf die Zukunft zu verweisen, ist aber noch absurder: Seinen Lebensunterhalt verdienen muss man im Hier und Jetzt. Und zumindest dafür – das heißt für Miete und Nahrungsmittel – sollte die Entlohnung auch bei einem Praktikum reichen.
In Deutschland gibt es für Praktika mittlerweile den Mindestlohn. Das war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um Praktikanten besserzustellen. Allerdings gilt auch diese Regelung nur für solche Praktika, die länger als drei Monate dauern und freiwillig absolviert werden. Durch die schlechte Bezahlung für Praktikanten werden Mitarbeiter erzeugt, die schon ganz am Anfang ihres Berufslebens unmotiviert, enttäuscht und ausgebrannt sind.
Die 15 Euro Stundenlohn, die Praktikanten in New York ihrem Unternehmen angeblich zahlen sollten, wirken da absurd und empörend – unvorstellbar sind sie aber nicht. Das sollte den Arbeitgebern zu denken geben.