Arbeitslosengeld II Viel Arbeit für Arbeitslose

Die Bundesagentur für Arbeit und die Sozialämter verschicken von diesem Montag an die Antragsformulare für das künftige Arbeitslosengeld II. Empfänger müssen einen veritablen Papierkrieg bewältigen.

"Fördern und fordern" lautet ein Leitgedanke der jüngst beschlossenen Hartz-IV-Reform, durch die zum 1. Januar 2005 Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt werden. Gemeint ist damit eigentlich, dass der Staat den Arbeitslosen mehr als bisher eine Gegenleistung für die gewährte Unterstützung abverlangt. Bevor sie überhaupt das neue Arbeitslosengeld II (ALG II) bekommen, sind dessen künftige Empfänger jedoch auf einem ganz anderen Feld gefordert: Sie müssen einen veritablen Papierkrieg bewältigen.

16 Seiten Formulare flattern den bisherigen Arbeitslosen- oder Sozialhilfeempfängern ins Haus, wenn die Bundesagentur für Arbeit und die Sozialämter an diesem Montag mit der Versendung der Anträge für das ALG II beginnen. Bis Mitte September sollen alle rund 2,2 Millionen potenziellen Antragsteller das Konvolut bekommen.

Bundesagentur für Arbeit

Info-Hotline: 01801/012012

Große Neugier

Die Neugier der Arbeitsagenturen macht vor kaum einem Lebensbereich halt. Die aktuellen Wohn- und Familienverhältnisse spielen ebenso eine Rolle zur Bestimmung der künftigen Ansprüche wie Sparguthaben, Wertsachen oder Versicherungen, aber auch frühere Leistungen von Arbeitsagentur oder Sozialamt.

Vor allem bei den Einkommens- und Vermögensverhältnissen wollen es die Arbeitsagenturen genau wissen. Wer neben der Unterstützung vom Staat ein Arbeitseinkommen bezieht, muss eine Bescheinigung des Arbeitgebers vorlegen oder als Selbständiger sein Einkommen schätzen. Renten- oder Unterhaltsleistungen sind ebenso anzugeben wie Zins- oder Kapitalerträge, Übergangs- oder Kindergeld.

Komplizierte Vermögensangaben

Kompliziert wird es bei den Angaben zum Vermögen - vorausgesetzt, dieses übersteigt 4700 Euro, bei Paaren das Doppelte. Der entsprechende Zusatzbogen umfasst allein vier Seiten. Darauf sind nicht nur Konten, Sparbücher, Lebensversicherungen, Geldanlagen und Bargeldbestände aufzulisten. Auch wer sein Geld im Ausland angelegt oder verschenkt hat, muss dies angeben. Ungeklärt ist bisher, wie der Wert etwa von Immobilien, Edelmetallen oder Antiquitäten bestimmt werden soll.

Offene Fragen

Ganz genau interessieren sich die Arbeitsagenturen auch für die Wohnverhältnisse der Antragsteller. Denn entscheidend für die Erstattung der Wohnungskosten wird sein, wie viel Aufwand "angemessen" ist. Wie dies festgelegt werden soll, weiß derzeit noch niemand zu sagen. In jedem Fall müssen potenzielle ALG-II-Empfänger Miethöhe, Wohnungsgröße und Raumzahl sowie Heiz- und Nebenkosten aufschlüsseln. Fast sämtliche Angaben müssen durch entsprechende Nachweise belegt werden.

Dass viele Antragsteller Fragen zu den komplizierten Bögen haben werden, ist jetzt schon klar. Die Bundesagentur für Arbeit hat eigens eine Hotline eingerichtet, an die sich Hilfesuchende wenden können. Auch die Sozialverbände machen sich auf einen erhöhten Informationsbedarf gefasst. Doch selbst wer in ein paar Monaten einen positiven Bescheid in den Händen hält, sollte sich nicht zu früh über den überstandenen Papierkrieg freuen. Denn die Fortsetzung folgt bestimmt: Alle sechs Monate müssen die ALG-II-Empfänger ihre Leistungen neu beantragen.

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Christoph Dreyer, DPA

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