In der Debatte um Arbeitszeitverlängerungen haben SPD, Bundesregierung und Gewerkschaften Forderungen nach einer vorübergehende Einführung der 50-Stunden-Woche eine Absage erteilt. SPD-Generalsekretär Uwe Benneter sprach von "Unsinn". Arbeitszeiten müssten individuell an die betrieblichen Notwendigkeiten angepasst werden, sagte er im ZDF. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte, von einer pauschalen Regelung halte er nicht viel. Der DGB sprach von einer arbeitnehmerfeindlichen Kampagne.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, sowie Commerzbank-Chefvolkswirt Ulrich Ramm hatten in der "Bild"-Zeitung Arbeitszeiten von bis zu 50 Wochenstunden als Mittel gegen die Verlagerung von Jobs ins Ausland vorgeschlagen.
"Abstruser Vorschlag"
Der DGB-Vorstand erklärte daraufhin, Scharfmacher in Politik und Wirtschaft wollten mit solchen Forderungen die Erfolge der Arbeitszeitverkürzungen rückgängig machen. Die Argumentation, dass damit Wachstum und Wohlstand erzielt würden, stelle die Gesetze der Ökonomie auf den Kopf, hieß es in einer in Berlin verbreiteten Erklärung. Der Chef der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt, Klaus Wiesehügel, sprach im Bayerischen Rundfunk von einem "abstrusen Vorschlag", der Millionen von Arbeitslosen schaffen würde.
Auch Siemens-Chef Heinrich von Pierer äußerte sich ablehnend. "Dass wir über die 50-Stunden-Woche reden und die Leute verunsichern, wird uns nicht viel weiterführen", sagte er in München. Deutschland brauche mehr Flexibilität.
Keine gesamtwirtschaftlichen Effekte erwartet
DIW-Chef Zimmermann bekräftigte dagegen seine Forderung: "Um Jobs zu sichern, müssen auch mal 50 Stunden pro Woche gearbeitet werden", sagte er in Berlin. Es gehe darum, "einen breiteren Korridor zu ermöglichen, in dessen Mitte vielleicht die 40-Stunden-Woche steht, aber in dem auch 30 Stunden und 50 Stunden möglich sind." Zimmermann betonte, dass Arbeitszeitverlängerungen zwar für einzelne Unternehmen gut seien, gesamtwirtschaftliche Effekte seien davon aber nicht zu erwarten.
Gerhard Handke vom Bundesverband Deutscher Groß- und Außenhandel erneuerte im ZDF die Forderung nach einem Verzicht auf eine Woche Urlaub pro Jahr. Es gehe um bessere internationale Wettbewerbsfähigkeit. International werde sich der Wert von 25 Urlaubstagen durchsetzen.
Neue Verhandlungen über Arbeitszeitverlängerung
Unterdessen wurde bekannt, dass die IG Metall mit den Arbeitgebern der Hausgerätehersteller über Arbeitszeitverlängerungen verhandelt. Eine Gewerkschaftssprecherin betonte aber, dass es keine Branchenlösung sondern nur Einzellösungen für bestimmte Produktlinien geben solle.
Im Juni hatten die IG Metall und Siemens die befristete Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche in zwei Handy-Werken vereinbart. Siemens-Chef von Pierer betonte, er sei nicht für die flächendeckende Einführung der 40-Stunden-Woche. Er habe lediglich ein spezielles Problem bei Siemens gelöst. Dies sei weder ein Modell für den Konzern noch für Deutschland. IG-Metall-Vize Berthold Huber betonte, die Vereinbarung sei ein Einzelfall und müsse es bleiben. Über den betroffenen Siemens-Belegschaften hänge "das Damoklesschwert der Verlagerung von Arbeitsplätzen".