An manchen Freitagen bietet sich den Mitarbeitern der Frankfurter Fraport AG in der Mittagspause ein ungewohntes Bild: Dann ist die Kantine plötzlich von Kindern bevölkert, die mit ihren Vätern Spaghetti oder Fischstäbchen essen. Martina Rost, Vorstandsbeauftragte für Chancengleichheit bei dem Flughafenbetreiber, hat sich die Vater-Kind-Aktion mit der von ihr gegründeten "Projektgruppe Väter" ausgedacht. "Wir wollten, dass Väter im Unternehmen sichtbar werden", sagt Rost.
Lange standen in Sachen Gleichberechtigung bei Fraport nur die Frauen im Fokus. Inzwischen wird mehr für die Männer getan, etwa eine Broschüre erstellt, in der Mitarbeiter von ihren Erfahrungen mit der Väterzeit berichten, darunter Führungskräfte, Arbeiter und auch ausländische Mitarbeiter. Väter in Elternzeit sollen Normalität werden. Die Aktivitäten zahlen sich bereits aus: "Bislang waren durchschnittlich etwa 150 Mitarbeiter pro Jahr in Elternzeit, davon maximal fünf Männer", berichtet die Gleichstellungsbeauftragte. 2007 waren es siebzehn Männer, im laufenden Jahr sind es bereits 50. Die Mehrheit nimmt allerdings nicht mehr als zwei Monate.
Väter haben ein eigenes Netzwerk gegründet
Nicht nur bei Fraport will man mehr für die Väter tun. Auch die Commerzbank geht mit gutem Beispiel voran. Hier haben die Väter ein eigenes Netzwerk gegründet, um Erfahrungen auszutauschen und die Kollegen bei eventuellen Problemen, etwa mit verständnislosen Vorgesetzten, zu unterstützen.
Denn ein engagierter Vater zu sein ist oft nicht einfach: "Als ich meine Interessen vorgebracht habe, bin ich schnell abgeblockt worden", klagt ein Mitarbeiter der Bank. Manche Männer trauen sich gar nicht erst, ihren Vorgesetzten darauf anzusprechen, weiß ein anderer Vater. Denn obwohl Väter ein Recht auf Elternzeit haben, könnte das Annehmen dieses Angebots einen Karriereknick für sie bedeuten. Das gilt besonders in konservativen Branchen wie der Finanzwelt.
"Es geht darum, Mut zu machen"
Uwe Heidbrink hatte Glück: Der 44-Jährige, der bei der Commerzbank im Betriebsstättenmanagement arbeitet, geht im August für zwei Monate in Väterzeit. "Meine Vorgesetzten haben selber Kinder und gehen mit dem Thema offen um", berichtet Heidbrink, der bereits zwei erwachsene Kinder hat. Die Zeit mit seinem vier Monate alten Sohn möchte er nun in vollen Zügen genießen. Auch Heidbrink beschränkt sich - aus finanziellen Gründen - auf eine Auszeit von zwei Monaten. Das ist Standard in Deutschland: Bis März 2008 beantragten 18,5 Prozent der Väter Elterngeld, zwei Drittel von ihnen entschieden sich für eine Auszeit von zwei Monaten. Gerade mal jeder Zehnte blieb für ein ganzes Jahr zu Hause.
Für den Anfang sei das in Ordnung, findet Rost. "Es geht darum, Mut zu machen und faire Zeitkompromisse zu vereinbaren zwischen den Interessen von vorgesetzten Führungskräften und den Beschäftigen." Natürlich treffe der Wunsch nach einer Auszeit bei den Chefs und Kollegen nicht immer auf Begeisterung, je nachdem wie knapp der Bereich besetzt ist. "Das ist stellenweise schon eine heikle Situation." Doch den Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als sich mit dem Thema auseinander zu setzen, nicht nur aus rechtlichen Gründen. Immer mehr Männer fordern diese Option für sich ein - und eine Firma, die ihre Angestellten motivieren und auch künftig für qualifizierte Mitarbeiter interessant sein will, kann hier Pluspunkte sammeln. Work-Life-Balance heißt das neue Zauberwort der Personalentwickler: Arbeits- und Privatleben sollen miteinander in Einklang gebracht werden.
Ikea bietet auch individuelle Teilzeitlösungen an
Auch Ikea will sich als modernes und aufgeschlossenes Unternehmen positionieren: Die schwedischen Möbelhäuser bieten ihren Mitarbeitern neben der Möglichkeit zur Elternzeit auch individuelle Teilzeitlösungen. So arbeitet ein Mitarbeiter derzeit nur samstags, um sich in der Woche um sein Kind kümmern zu können - auf diese Weise verliert er nicht den Kontakt zu seinem Job. Auch Geschäftsführer mit Kindern scheuen sich bei Ikea offenbar nicht, ähnliche Lösungen in Anspruch zu nehmen: Der Anteil der männlichen Führungskräfte in Teilzeit stieg von 2006 auf 2007 von 7 auf 21 Prozent.
Der Anteil der männlichen Ikea-Mitarbeiter in Elternzeit liegt bei geringen 5,3 Prozent. Die Dauer der Auszeit ist mit 11,7 Monaten aber recht hoch. Sprecher Kai Hartmann hat dafür eine Erklärung: Die Gehälter im Handel lägen eher unter denen anderer Branchen, so dass einige Männer weniger verdienen als ihre Ehefrau. In diesem Fall wäre die ausgedehnte Väterzeit eine rein finanzielle Kalkulation.
Der Erfolg ist noch ausbaufähig
Trotz aller Bemühungen von Unternehmensseite: Den einen oder anderen blöden Spruch müssen Väter einstecken, wenn sie auf Sonderregelungen bestehen: "Na, gestern Mittag auf dem Spielplatz gesonnt?", bekam etwa ein Commerzbank-Mitarbeiter von seinen Kollegen zu hören. Auch auf dem Spielplatz oder in der Krabbelgruppe fühlen sich Väter unter lauter Müttern oft allein. Aber es lohnt sich, sagen die Männer, die es ausprobiert haben: "Ich kann anderen Vätern nur raten, sich ebenfalls auf die Elternzeit einzulassen - eine wertvolle Zeit, die sich später so nie mehr nachholen lässt", sagt Abderrahmane Bouchouareb, der bei Ikea in Regensburg in der Logistik arbeitet.
Auch Gunnar Broch, bei Ikea in München als Personalentwickler und Ausbilder tätig, bereut es nicht, sein Büro für einige Monate gegen das Kinderzimmer getauscht zu haben. "Das Verhältnis zu meiner Tochter hat sich deutlich intensiviert. Gemeinsam haben wir auch kritische Situationen bewältig, das schafft besonderes Vertrauen zwischen ihr und mir."
Vielleicht können Berichte wie dieser auch andere Männer überzeugen, ihre Vätermonate zu nutzen. Denn auch wenn sich die Zahl der Väter in Elternzeit seit Einführung des Elterngeldes verfünffacht hat: Der Erfolg ließe sich noch steigern.