Manieren Deutsche Manager: Rüpel oder Vorbild?

Führungskräfte legen sehr viel Wert auf gutes Benehmen. In der Praxis hapert es in den Chefetagen allerdings häufig an guten Manieren.

In einer bundesweiten Studie hat die Personalberatung CGC die Umfangsformen deutscher Chefs unter die Lupe genommen. Die Auswertung ergab: Führungskräfte setzen gerade in der eigenen Riege die Messlatte für Manieren besonders hoch. Gleichzeitig zeigt die Umfrage jedoch, dass die Realität den selbst gesteckten Ansprüchen vielfach nicht genügt.

Manager, die sich nicht zu benehmen wissen, beeinträchtigen das Betriebsklima und damit die Produktivität der Belegschaft, gefährden das Firmenimage und verprellen Geschäftspartner und Kunden. "Deshalb lohnt es sich auch aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz, den Umgangsformen von Führungskräften mehr Beachtung zu schenken", sagt der Personalexperte Claus Goworr.

Kluft zwischen Realität und Anspruch

Vitamin B zählt nach Auffassung der Befragten zu den essentiellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere. Um Verbindungen knüpfen und aufrecht erhalten zu können, sind jedoch gute Umgangsformen wie Respekt, Loyalität, und Glaubwürdigkeit nötig. Tugenden, die der Studie zufolge in den vergangenen zehn Jahren de facto immer mehr in den Hintergrund getreten sind. Zufrieden sind die meisten Chefs mit dieser Entwicklung aber nicht: Die große Mehrheit hält Ehrlichkeit, Höflichkeit und Respekt für Eigenschaften, die bei Führungskräften verbesserungswürdig sind. Denn viele verwechseln Arroganz mit Stärke und stellen Respektlosigkeit ungeniert zur Schau. "Die 68-er Generation, die alles daran setzte, Konventionen zu zerbrechen, hat versäumt, ihren Nachkommen gute Umgangsformen über die Erziehung zu vermitteln. Ein Defizit, das so mancher Führungspersönlichkeit heute Steine in den Weg legt und zu Problemen führt", betont Goworr.

Ähnlich sieht es mit der Anerkennung von Hierarchien aus. Diese werden in Unternehmen immer flacher, wie die Umfrage belegt. Viele Firmen geben einem stetig wachsenden Anteil ihrer Mitarbeiter die Möglichkeit, Betriebsentscheidungen zu diskutieren und zu hinterfragen. "Ein Prozess, der zeitnahe, situationsgemäße Beschlüsse oft erschwert", so Goworr. "Setzt sich diese Entwicklung weiter fort, steuert die deutsche Wirtschaft in einen mentalen Sozialismus, der effizientes Handeln vereitelt. Hier wird Ausdiskutieren mit Führen verwechselt." Die Forderung einer klaren Kompetenzverteilung ist in Unternehmen aber durchaus noch vorhanden. Vorgesetzte verstehen sich nach wie vor als Vorbild für ihre Mitarbeiter und fürchten bei fehlenden Manieren Autoritätsverlust. "Gutes Benehmen zählt demnach zu den Kernkompetenzen einer Führungskraft", erklärt Goworr. Denn nur, wer von seinen Mitarbeitern respektiert und ernst genommen werde, sei in der Lage, ein Team erfolgreich zu lenken.

Formale Manieren wie Auftreten und verbale Ausdrucksweise der Führungskräfte hielten knapp die Hälfte der Befragten für unzureichend. Was die Bedeutung von Dresscode und Wortwahl angeht, weist die auffällige Unausgewogenheit der Antworten allerdings auf Orientierungslosigkeit im Bereich der handfesten Benimmregeln hin. "Die Renaissance von Regeln, die verlernt wurden, könnten hier Abhilfe schaffen", rät Goworr.

Benimm zählt zu Führungsqualitäten

Noch größere Defizite bestehen allerdings in Bereichen, bei denen es nicht auf einen festen Verhaltenskodex ankommt, sondern auf Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen - nämlich Kommunikations- und Kritikfähigkeit. "Das gehört allerdings zu Eigenschaften, die mit der frühen Prägung erlernt werden. Wenn sie nicht in der Erziehung vermittelt wurden, sind die Aussichten gering, sich die hierfür nötige Sensibilität noch anzueignen", sagt Goworr.

Umgangsformen sind demnach keine Angelegenheit des guten Willens, sondern eine Fähigkeit. Das zeigt sich auch darin, dass Führungskräfte, die sich innerhalb der Firma nicht zu benehmen wissen, ebenso wenig dazu in der Lage sind, ein Unternehmen positiv nach außen zu vertreten. Damit belegt die Studie klar: Vorgesetzten, die in der Firma durch schlechte Manieren auf sich aufmerksam machen, fehlt es keineswegs an Einsicht. Vielmehr können sie es nicht besser. Unternehmen sollten daher bei der Besetzung von Positionen im Management wesentlich stärker darauf achten, dass der Bewerber gute Umgangsformen mitbringt.

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