Rauchen am Arbeitsplatz Dicke Luft trotz neuer Regeln

Gesetzliche Neuregelungen sollten die Stimmung zwischen Rauchern und Nichtrauchern verbessern, den Nichtrauchern sollte ein qualmfreier Arbeitsplatz sicher sein. Doch die Umsetzung geschieht schleppend.

Blauer Dunst quillt über Aktenberge hinweg. Auf den Werkbänken türmen sich Stummel in vollen Aschenbechern. Seit Ende vergangenen Jahres gilt eine neue Arbeitsstättenverordnung, die Arbeitnehmern das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz zubilligt. "Beim Nichtraucherschutz hat sich in Thüringen aber noch nicht viel getan", klagt Doreen Otto-Pfütze von der regionalen Nichtraucherinitiative. Vor allem kleine Betriebe hätten von dem Gesetz oft noch nichts mitbekommen.

Jeder neunte Arbeitnehmer deutschlandweit litt vor fünf Jahren nach Angaben der Nichtraucherinitiative unter Rauch am Arbeitsplatz. "Neuere Untersuchungen liegen noch nicht vor, ein akzeptabler Stand ist aber noch nicht erreicht", sagt Vizepräsident Ernst-Günther Krause in München. Immer noch greife jeder Dritte in Deutschland zur "Kippe". Der Sprecher des Thüringer Gesundheitsministeriums, Thomas Schulz, klagt: "Im Osten wird mehr geraucht als im Westen, der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Millionen." Doch selbst in seinem Haus gilt kein generelles Rauchverbot.

"Gegenseitige Intoleranz"

Am Unwillen zur Veränderung tragen zum Teil nachlässige Arbeitgeber die Schuld, zum Teil sind es die Raucher, die sich erfolgreich gegen die Einschränkung ihrer Sucht wehren. In Gera und Erfurt scheiterte ein generelles Rauchverbot in der Stadtverwaltung am Widerstand der Beamten und Angestellten. "Allerdings sind die Bereiche mit Publikumsverkehr rauchfrei", sagt der Geraer Stadt-Sprecher René Soboll. "Es gibt eine gegenseitige Intoleranz", meint Ministeriumssprecher Schulz.

Aufatmen können hingegen seit kurzem die Nichtraucher unter den Studenten der Universität Jena. Der Senat verbot Mitte Juli das "Quarzen" auf dem Campus. Damit wolle die Hochschule ein Zeichen setzen gegen die Gefahr, die von Nikotin ausgeht, sagt der Rektor Karl-Ulrich Meyn. Darüber hinaus gibt es einige positive Beispiele etwa von Großbetrieben. Aus Gründen der Hygiene oder Arbeitssicherheit sind beispielsweise bei Opel in Eisenach, Carl Zeiss und Jenoptik in Jena sowie Thüringer Waldquell in Schmalkalden Glimmstängel nur an den Raucherecken oder im Freien erlaubt.

Viele Unternehmen haben noch keine eindeutige Regelung

Wie sie es mit der Zigarette halten, dazu haben viele Unternehmen und Behörden noch keine eindeutigen Regelungen entwickelt. Sie hoffen auf die Vernunft der Mitarbeiter. "Diejenigen, die alleine ein Zimmer haben, dürfen rauchen. In Großraumbüros wird abgestimmt", sagt etwa der Pressesprecher der Polizei Suhl, Eberhard Wagner. Wer trotz Verbot seiner Sucht nachkommt, kann oftmals auf Milde hoffen. Nichtraucher-Schützer träumen von Maßnahmen wie sie Wagner schmunzelnd für Raucher vorschlägt, die an den falschen Orten sündigen: "Vielleicht stecken wir sie in eine unserer Zellen - denn dort ist ebenfalls Rauchverbot."

Nicht immer trauten sich die nichtrauchenden Kollegen, ihr Recht auf frische Luft beim Chef einzufordern, sagt Nichtraucher-Schützer Krause. Wenn es ihnen hingegen nicht gelinge, sich durchsetzen, könne der Verein helfen. "Bei einer Firma in Hof haben wir das Gewerbeaufsichtsamt eingeschaltet, dann ging plötzlich alles." Auch in München kontaktierte der Verein die Behörde, als ein großer Versicherungskonzern den Nichtrauchern keinen unverqualmten Arbeitsplatz bieten wollte.

Amerikanische Verhältnisse contra Aufklärung

Im Kampf gegen die schweren Gesundheitsschäden, die Zigaretten und Co. verursachen, sind rauchfreie Büros und Werkshallen nach Meinung von Wissenschaftlern ohnehin nur ein kleiner Schritt. In allen öffentlichen Räumen, auch in Gaststätten müssten Glimmstängel verboten werden, fordert Professor Knut-Olaf Haustein vom Institut für Nikotinforschung und Rauchentwöhnung in Erfurt. "Wir müssen die Situation schaffen, wo es Rauchern unbequem wird, eine Zigarette anzuzünden." Er wünscht sich amerikanische Verhältnisse. "In Schulen Raucherecken für Schüler ab 16 einzurichten, das ist doch Schwachsinn."

Das Thüringer Gesundheitsministerium setzt hingegen auf Aufklärung. Es bietet etwa Fortbildungen für Betriebsärzte an. "Ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen ist nicht durchsetzbar", sagt Schulz. Sein Referent Falk Oesterheld ergänzt: "Sonst entstehen schwarze Raucher-Lokale."

DPA
Arno Schütze

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