Vorm ins Bett gehen schnell die E-Mails checken, am Sonntagabend ins Büro fahren, um die Präsentation vorzubereiten – immer mehr Deutsche arbeiten auch am Wochenende oder in den Abendstunden. Anfang der Woche veröffentlichte das Statistische Bundesamt Zahlen, die belegen: Die Deutschen arbeiten nicht nur immer intensiver, sondern auch immer länger. Für jeden vierten Beschäftigten ist Samstagsarbeit normal geworden; das sind sechs Prozent mehr als Mitte der neunziger Jahre. Und auch die wöchentliche Arbeitsdauer ist gewachsen. Im Schnitt liegt sie bei 40,7 Stunden.
Die treibende Kraft hinter dem starken Anstieg ist die zunehmende Flexibilisierung in den Betrieben. Dank Smartphone und Laptop kann heutzutage jeder jederzeit von überall arbeiten. Arbeitszeiten verlängern sich häufig schleichend und fast unbemerkt. Die Unternehmen merken, dass ihre Mitarbeiter Höchstleistungen bringen, je mehr Freiheit und Verantwortung sie ihnen überlassen. Und so wird der Ansturm auf die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit immer heftiger.
Doch Mitarbeiter, die sich permanent übernehmen und ihre Kräfte überschätzen, nutzen weder sich selbst noch ihrer Firma auf Dauer. Nur wer den Mut hat auch mal Stopp zu sagen und klare Regeln für sich selbst zu definieren, ist langfristig leistungsfähig und erfolgreich. "In der modernen Arbeitswelt wird Nein sagen, zur Schlüsselqualifikation", sagt die Kölner Psychologin Anne Katrin Matyssek. Chefs erkennen nicht, wenn sie ihre Leute überfordern. Wie auch?
Die Grenzen der menschlichen Leistungskraft sind individuell. Was der eine gerade noch schafft, endet beim anderen im Burn-out. Und nicht in jeder Lebensphase können wir olympiareife Leistungen bringen. Umso wichtiger ist für jeden Einzelnen immer wieder neu abzuwägen und sich klar zu machen: Keiner kann die Grenze zwischen Freizeit und Job besser verteidigen, als wir selbst. Silke Gronwald, Doris Schneyink
Im aktuellen stern lesen Sie mit welchen subtilen Methoden die Unternehmen uns zu immer mehr Arbeit verführen und wie wir lernen richtig nein zu sagen.