KarstadtQuelle "Kanzler kann uns nicht helfen"

KarstadtQuelle-Chef Christoph Achenbach besteht auf einen Sanierungskurs ohne Einmischung der Politik. Nach der Kanzler-Schelte hat jetzt auch die Unionsspitze der Konzern-Führung die Schuld an der Krise gegeben.

KarstadtQuelle-Chef Christoph Achenbach will keine Einmischung der Politik in den Sanierungskurs des Konzerns und wehrt sich gegen die Kanzler-Kritik. "In der derzeitigen Situation kann uns der Kanzler nicht helfen. Wir müssen unsere Probleme selbst lösen", sagte Achenbach der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte die Unternehmensleitung des angeschlagenen Konzerns als unfähig bezeichnet und von "Managementversagen in seiner krassesten Form" gesprochen.

Arbeitsplatzabbau und längere Arbeitszeiten

Der Sanierungskurs sieht Arbeitsplatzabbau, Unternehmensverkäufe und längere Arbeitszeiten für die Beschäftigten vor. "Das Management wird ebenfalls Gehaltsverzicht üben, auf Urlaub und weitere Vergünstigungen verzichten", sagte Achenbach. Wie viele Stellen wegfallen, ist nach Achenbachs Worten noch nicht geklärt. "Ich halte Zahlen von 20 000 bis 30 000 für Panikmache. Hier werden auf unseriöse Art und Weise Zahlen zusammengemixt." Die bereits im Frühjahr angekündigten 4.000 Stellen würden in jedem Fall gestrichen.

Die zum Verkauf stehenden 77 Karstadt-Häuser sollen nicht geschlossen werden, wenn in den nächsten drei Jahren kein Käufer gefunden wird. "Ich habe nie gesagt, dass diese Filialen kein Geld verdienen, und wir werden diese auch nicht schließen, sagte Aschenbach dem "Focus" nach einer Vorabmeldung vom Samstag. Zu dem Sanierungskonzept gebe es aber keine Alternative. Während die Gewerkschaft ver.di den Sanierungsplan ablehnt, zeigte sich der Betriebsrat kompromissbereit.

"Wenn die Firma signalisiert, dass sie bereit ist, möglichst viele Standorte zu erhalten und möglichst auch einer Beschäftigungssicherung zustimmt, dann sind auch die Arbeitnehmer bereit, etwas zu geben", sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Pokriefke der "Netzeitung".

Ver.di will Sanierungskonzept nicht mittragen

Ver.di-Vorstandsmitglied Franziska Wiethold sagte dem "Spiegel" dagegen: "Das Karstadt-Sanierungskonzept tragen wir nicht mit, weil es Tausende Arbeitsplätze gefährdet. Wir stellen ein Konzept zur Beschäftigungssicherung dagegen." Am Montag will die Gewerkschaft mit ihren 16 Tarifkommissionen in Kassel die Forderungen an KarstadtQuelle formulieren, wie das Hamburger Blatt vorab berichtete. Ihre drei Leitlinien seien Beschäftigungssicherung in allen Bereichen des Konzerns, Standortsicherung sowie Erhalt von Tarifvertrag und -bindung in allen Karstadt-Abteilungen.

Achenbach sagte, eine Einigung mit den Gewerkschaften müsse innerhalb von drei bis vier Wochen kommen. Wenn der Sanierungsplan nicht umgesetzt werde, würden Banken und Aktionäre kein Geld mehr zuschießen; "das wäre das Ende". Weiter kritisierte der Vorstandsvorsitzende: "Es ist unerträglich, wie ver.di die Angst der Mitarbeiter als Werkzeug benutzt."

Zugleich kündigte er eine Ausdünnung der Sortimente in den Filialen an: "Wir werden keine Fahrräder mehr in der Innenstadt verkaufen, es macht auch keinen Sinn, eine Teppichabteilung in einem Warenhaus zu haben." Dasselbe gelte für Beleuchtung und Gardinen sowie Multimedia-Produkte. Künftig solle der Schwerpunkt auf Mode, Wohnaccessoires, Parfümerie und Schmuck liegen. Zudem werde es spätestens 2007 den mehr als tausendseitigen Quelle-Hauptkatalog nicht mehr geben. Stattdessen will KarstadtQuelle stärker auf Internet und e-Commerce setzen.

In drei Jahren will Achenbach den Konzern auf Vordermann gebracht haben und den Konkurrenten Kaufhof als Nummer eins ablösen: "In jedem Fall ist es mein Ziel, Kaufhof aus dem Rennen zu schlagen", sagte er. Die zum Metro-Konzern gehörende Kaufhof Warenhaus AG seinerseits hat kein Interesse, die 77 Karstadt-Filialen zu übernehmen. "Wir haben keinen Bedarf, über einen Einstieg nachzudenken, - auch nicht bei einzelnen Häusern. Keine Diskussion", sagte Vorstandschef Lovro Mandac dem "Spiegel".

Merkel kritisiert "Fehlentscheidungen des Managements"

CDU-Chefin Angela Merkel hat die Krise des Konzerns als zutiefst bedauerlich bezeichnet: "Diese Krise trifft das Herzstück von sozialer Marktwirtschaft und Wohlstand. Jetzt rächen sich dort die Fehlentscheidungen des Managements", sagte sie der "Welt am Sonntag". "Die Verantwortlichen haben einfach zu lange gewartet, statt sich wie andere auf neue Märkte einzustellen. Dafür müssen jetzt die Beschäftigten einstehen. Das ist hart."

Gleichzeitig zeige dieses Beispiel aber auch, dass der beste Kündigungsschutz nichts nütze, wenn ein Betrieb in die Krise komme. Dann greife höchstens noch ein Sozialplan. Und dann hätten diejenigen, die als letztes eingestellt wurden, allemal den geringsten Schutz. Wichtiger sei es daher, Neueinstellungen in Betrieben zu erleichtern, sagte Merkel der Zeitung.

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