Die Verlagsgruppe Holtzbrinck hat einen Käufer für den Berliner "Tagesspiegel" gefunden. Der Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und frühere Holtzbrinck-Manager Pierre Gerckens soll das Blatt baldmöglichst erwerben, teilte das Unternehmen am Montag in Stuttgart mit. Gerckens scheidet mit sofortiger Wirkung aus dem Aufsichtsrat der Verlagsgruppe sowie allen anderen Verlagsgruppengremien aus.
Erfahrener Verlagsmanager
Pierre Gerckens verfügt über mehr als 30 Jahre Zeitungsverlagserfahrung. Er hat unter anderem als geschäftsführender Gesellschafter des Verlages erfolgreich die "Verlagsgruppe Handelsblatt" entwickelt, die Regionalzeitung "Südkurier" saniert und den Aufbau des Zeitungsbereiches der Verlagsgruppe in den 90-er Jahren wesentlich mitgestaltet. Gerckens ist den Angaben zufolge seit 1992 Mitglied des "Tagesspiegel"-Beirates.
Ministererlaubnis jetzt hinfällig
Da mit einer baldigen Ministererlaubnis für eine Kooperation von "Tagesspiegel" und "Berliner Zeitung" nicht mehr zu rechnen gewesen wäre, hätte sich die Verlagsgruppe für diese Lösung entschieden. Das Thema sei stark politisiert worden, hieß es aus Stuttgart. Holtzbrinck hatte ursprünglich eine Sondererlaubnis für die Übernahme der "Berliner Zeitung" bei Wirtschaftsminister Clement beantragt. Das Kartellamt hatte eine Übernahme untersagt, da es dadruch Beeinträchtigungen des Wettbewerbes am Berliner Zeitungsmarkt befürchtete. Dafür will Holtzbrinck jetzt beim Bundeskartellamt die Erlaubnis für den Erwerb der Berliner Zeitungsgruppe beantragen.
Weg zum Kauf der "Berliner Zeitung" frei
Eigentlich wollte Holtzbrinck nach eigener Aussage mit dem Kauf der "Berliner Zeitung" das wirtschaftliche Überleben des "Tagesspiegel" sichern. Das Bundeskartellamt sah jedoch durch die Zusammenlegung den Wettbewerb gefährdet, weil "Tagesspiegel" und "Berliner Zeitung" zusammen eine marktbeherrschende Stellung unter den Berliner Abonnementszeitungen erhalten hätten.
Beide Redaktionen bleiben bestehen
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement begrüßte die Entscheidung. Damit werde sicher gestellt, dass beide Unternehmen und beide Redaktionen erhalten blieben, sagte Clement in Berlin. Das sei eine gute Nachricht: "Ich kann das nur begrüßen." Die deutschen Zeitungsverlage stehen wegen rückläufiger Werbeeinnahmen zunehmend unter finanziellem Druck. Zu der seit einigen Monaten geführten Diskussion zur Lockerung der Fusionskontrolle von Zeitungen will die Bundesregierung in Kürze eine Gesetzesnovelle einbringen.