Airbus versus Boeing Kampf der Giganten

Sechs Tage vor der Vorstellung des Großflugzeugs A380 präsentiert Airbus seine Ziele für das neue Jahr und den Absatz von 2004. Schon jetzt ist klar: Airbus lässt Boeing weit hinter sich.

Im zweiten Jahr in Folge hat Airbus seinen Erzrivalen Boeing 2004 im zivilen Flugzeugmarkt klar abgehängt und will seine Auslieferungen 2005 weiter steigern. Mit Aufträgen für 370 Flugzeuge habe Airbus im vergangenen Jahr 57 Prozent des Weltmarktes erobert, sagte Airbus-Chef Noel Forgeard heute in Paris. Wertmäßig liege der Marktanteil bei 54 Prozent. Dank einer Auftragsflut der Billigflieger habe Airbus im Bereich der kleineren Modelle (A320-Familie) mit 279 Aufträgen seinen Marktanteil von 42 auf 64 Prozent gesteigert.

Auch bei den Auslieferungen liege Airbus 2004 mit 320 Flugzeugen oder 53 Prozent des Marktes vorn. Im laufenden Jahr will Airbus 350 bis 360 Flugzeuge an die Kunden übergeben. Der Umsatz übersteige 20 Milliarden Euro, sagte Forgeard. Das Unternehmen produziere Verkehrsflugzeuge doppelt so rentabel wie Boeing.

Außerordentlich gut laufe das A380-Programm. Bis Ende 2004 seien 139 feste Aufträge für das weltgrößte Passagierflugzeug eingegangen. Die Gewichtsprobleme des Flugzeugs für 555 Passagiere seien überwunden. Auch die Kostenentwicklung bleibe im Rahmen und gefährde die Rentabilität nicht.

Wende im Airbus/Boeing-Streit

Eine für Airbus weitere gute Nachricht: Der transatlantische Handelsstreit um milliardenschwere Subventionen für die Flugzeugbauer Boeing und Airbus hat eine überraschende Wende genommen. Nach wechselseitigen Klagen vor der Welthandelsorganisation WTO streben EU und USA nun eine rasche Verhandlungslösung an. Die Gespräche zur Abschaffung der Subventionen sollen unverzüglich beginnen und innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden, erklärte EU-Handelskommissar Peter Mandelson am Dienstag in Straßburg.

"Damit haben wir einen schrecklichen Streit verhindert", sagte der Brite. Er machte deutlich, dass noch viel Arbeit zu tun ist. Sechs Wochen vor dem Europa-Besuch von US-Präsident Bush ist der Kurswechsel im derzeit wichtigsten transatlantischen Handelskonflikt ein deutliches politisches Signal, hieß es ergänzend in Brüssel.

Weg der Diplomatie

Der scheidende US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick sagte in Washington: "Ich bin erfreut, dass die USA und die Europäische Union Einigkeit über den Verhandlungsrahmen zur Beendigung von Subventionen bei großen Flugzeugen erzielt haben." Wie Mandelson verwies Zoellick darauf, dass in den nächsten drei Monaten noch viel zu tun sei. "Aber heute war ein wichtiger Schritt."

Die WTO begrüßte die Wende. Das WTO-System zur Streitschlichtung habe sich als höchst wirksam erwiesen, sagte WTO-Generaldirektor Supachai Panitchpakdi in Genf. "Ich lobe beide Seiten dafür, dass sie den Weg der Diplomatie statt den des Konflikts gegangen sind."

Die beiden scheidenden Co-Chefs des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns und Airbus-Herstellers EADS, Rainer Hertrich und Philippe Camus, sowie BAE-Systems-Chef Mike Turner erklärten: "Wir sind erfreut über diesen Durchbruch in dem transatlantischen Streit." Die Differenzen ließen sich besser über einen konstruktiven Dialog als durch einen Rechtsstreit überwinden. Es bleibe noch viel Arbeit zu tun, um gleiche Wettbewerbsbedingungen im kommerziellen Flugzeugmarkt auch für die Zukunft zu garantieren.

Der Markt ist groß genug für beide Flugzeughersteller

Während der Verhandlungen soll der Streit laut EU nicht bei der WTO weiterverfolgt werden. Die im vergangenen Oktober eingelegten Klagen der EU und der USA wegen der Subventionen im Flugzeugbau werden aber zunächst nicht zurückgezogen.

Mandelson erklärte am Rande der Kommissionssitzung in Straßburg: "Das Gift dieses Konflikts breitete sich auf andere Bereiche der transatlantischen Beziehungen aus." Der Markt sei groß genug für beide Flugzeughersteller. Airbus könne stolz auf seine Produkte sein und sei weltweit konkurrenzfähig.

Ziel der Verhandlungen ist es, verschiedene Arten von Subventionen abzuschaffen

Boeing hat nach früheren EU-Angaben seit 1992 rund 23 Milliarden Dollar US-Hilfen bekommen. Die europäische Industrie kritisiert unter anderem, Boeing profitiere im großen Stil von in Forschungsmitteln versteckten Subventionen des US-Verteidigungsministeriums und der Weltraumbehörde NASA. Die USA hatten der EU ihrerseits unfaire Subventionen in Milliardenumfang für Airbus vorgeworfen.

Ziel der Verhandlungen ist es, "verschiedene Arten von Subventionen" abzuschaffen. Angestrebt werde ein faires Konkurrenzverhältnis auf der Basis des freien Marktes. Die geplante Einführung des Airbus A350 werde durch die Entscheidung nicht berührt. Welchen Einfluss die Abschaffung auf Airbus-Standorte in Europa haben könnte, blieb in Brüssel offen. Ein entsprechendes Abkommen soll auf Drittstaaten ausgeweitet werden, die bei der Airbus- oder Boeing-Produktion eine Rolle spielen.

Komplizierter Streit um Subventionen zwischen USA und EU

Der Streit schwelt bereits seit vielen Jahren. 1992 hatten die Kontrahenten die Frage der Staatshilfen für den Bau von Verkehrsflugzeugen mit mehr als 100 Sitzen in einem Abkommen geregelt.

Danach dürfen Europäer bis zu 33 Prozent der Entwicklungsaufwendungen im Flugzeugbau als Kredit mit 17 Jahren Laufzeit vorschießen. Die USA können über ihre Raumfahrt- und Militärprogramme bis zu drei Prozent des Umsatzes der Hersteller in der Zivilluftfahrt abdecken.

Wie komplex die Diskussion um Subventionen ist, zeigt die globale Wertschöpfung im Flugzeugbau. Ein Airbus ist kein rein europäisches Flugzeug, eine Boeing kein rein amerikanisches Produkt. So stammen bei der Flugzeugzelle der neuen Boeing 7E7 für Mittel- und Langstrecken 35 Prozent von japanischen Unternehmen. Das Regionalflugzeug Boeing 717 wird von Triebwerken des britischen Rolls-Royce-Konzerns angetrieben - gefertigt werden diese am Standort Dahlewitz bei Berlin. Der neue Airbus A380 sichert im Gegenzug auch Arbeitsplätze in Nordamerika. Das Fahrwerk des Giganten stammt zum Beispiel vom US-Zulieferer Goodrich.

Komplizierte Frage, wofür Zuschüsse verwendet werden

EADS und Boeing bieten als integrierte Konzerne zudem jeweils eine Produktpalette vom Kampfflugzeug bis zur Weltraumrakete. Deshalb ist auch die Frage kompliziert, wofür Zuschüsse verwendet werden: Vom neuen Werkstoff aus der Raumfahrt kann beispielsweise ebenso der zivile wie der militärische Flugzeugbau profitieren.

Im Oktober 2004 waren die USA trotz des Abkommens wegen der Flugzeugsubventionen vor die Welthandelsorganisation (WTO) gezogen. Daraufhin hatte die EU umgehend die USA wegen milliardenschwerer Subventionen für Boeing bei der WTO verklagt.

Airbus hat bereits erhebliche Beihilferückzahlungen geleistet. Es stünden noch 4,3 Milliarden Euro an rückzahlbaren Darlehen aus, im vergangenen Jahr habe sich die Summe solcher Darlehen für das neue Großraumflugzeug A380 auf eine Milliarde Euro belaufen, hieß es im Herbst 2004. Bis Ende 2003 hatte EADS nach eigenen Angaben 4,9 Milliarden Euro Kredithilfen getilgt. Davon entfielen allein 2,2 Milliarden auf das Großflugzeug A380.