Der Besuch chinesischer Geschäftspartner in der Hamburger Firmenzentrale von Tom Tailor ist für die Mitarbeiter des Bekleidungsunternehmens nichts ungewöhnliches. Die Vorbereitungen für den Markteintritt im September im Reich der Mitte laufen auf Hochtouren, von der in Asien aufgetretenen Lungenkrankheit Sars ließen sich die Modemacher nicht beirren, geschweige denn aufhalten.
50 Läden in den nächsten zwei Jahren
Binnen zwei Jahren sollen in 50 Läden die Kollektionen bei der chinesischen Kundschaft Anklang finden. "Auch die Chinesin will Mode wie im westlichen Europa tragen", sagt Michael Rosenblat, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Tom Tailor AG.
Konsumkräftige Käuferschaft
Das Unternehmen will einen Markt erobern, der nach Angaben des German Fashion Modeverbands Deutschland (Köln) für die deutschen Hersteller hochinteressant geworden ist. "An der Ostküste in Hongkong und Schanghai sowie in Peking ist eine konsumkräftige Käuferschicht herangewachsen", sagt Geschäftsführer Thomas Rasch. Westliche Bekleidung habe bei den Chinesen einen hohen Stellenwert, und besonders deutsche Ware einen guten Namen.
Richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt
Wenn das Geschäft für Tom Tailor in China anläuft, dann werden die Käufer auch dort aus dem breiten Sortiment bedient. Zwölf Mal im Jahr kommt das Unternehmen mit junger Mode für Männer, Frauen und Kinder in die Läden. Etwa 120 Artikel umfasst jede Kollektion, hinzu kommen Lederwaren, Parfüm und Accessoires wie Brillen und Uhren. "Der Markt gibt die Gesetze vor", sagt Rosenblat zu den schneller gewordenen Produktionszyklen. Darum sieht er die Firma, die 1962 als klassischer Textilhändler begann, heute als logistisches Modeunternehmen. "Zum richtigen Zeitpunkt die richtige Ware auf der Fläche haben: das ist das Geheimnis des Erfolgs", meint Rosenblat.
Stetiges Umsatzwachstum
Die Strategie führte steil bergauf: Ein zweistelliges Umsatzwachstum hat das Unternehmen nach eigenen Angaben auch für das 1. Halbjahr 2003 in den Büchern. In 2002 lag der Jahresumsatz bei rund 350 Millionen Euro, ein Zuwachs von 13 Prozent. Die Umsatzrendite bewege sich seit Jahren zwischen drei bis fünf Prozent. "Wir haben eine schlechte Konjunktur, darum sind unsere Zahlen umso beeindruckender", sagt Rosenblat selbstbewusst. Jammern ist seine Sache inmitten der Konsumflaute nicht: "Je mehr man schimpft, desto schlimmer wird es."
Modemarkt wird internationaler
Lieber richtet der Vorstand den Blick nach vorn: "Der Modemarkt der Zukunft wird noch internationaler als er heute ist." Wer auf nationale Marken und nur auf den Standort Deutschland setzt, werde verlieren, meint der Manager. Die unter anderem in Portugal, Indien, in der Türkei und im Fernen Osten gefertigte Kleidung wird an 30.000 Verkaufsstellen um den Globus an die Kunden gebracht. In Hamburg ist jüngst ein Laden eröffnet worden. Für das Aushängeschild Flagship-Store, von dem der erste im Februar auf der Düsseldorfer "Kö" Premiere feierte, wird in Hamburg noch nach einer Immobilie in 1A-Lage gesucht.
100 Neueinstellungen
"Wir wollen die Märkte in Europa, Asien und im Mittleren Osten weiter aufbereiten", sagt Rosenblat. Dazu braucht er mehr als die bisher 380 Mitarbeiter. Bis zu 100 - vom Designer bis kaufmännischem Angestellten - werden in diesem Jahr eingestellt. Rund acht Millionen Euro flossen in den Ausbau der Firmenzentrale mit "Show-Room", in dem die Kollektionen für die Einkäufer präsentiert werden. "Die Umsatzmilliarde möchte ich schon noch erleben", scherzt der 48-Jährige über seine Pläne. Demnächst werden modebewusste Chinesen ihren Teil dazu beitragen.