Continental Abwehr nicht um jeden Preis

Distanz im Abwehrkampf: Der Aufsichtsratschef von Continental, Hubertus von Grünberg, will gegen die mögliche Übernahme durch die Schaeffler-Gruppe nicht bis zum Äußersten kämpfen. Damit stellt er sich gegen seinen Vorstandschef.

Im Übernahmekampf um den Autozulieferer Continental ist Conti-Aufsichtsratschef Hubertus von Grünberg auf Distanz zu Vorstandschef Manfred Wennemer gegangen. Kurz vor einer Krisensitzung des Aufsichtsrats an diesem Mittwoch in Hannover warnte von Grünberg vor einem "Kampf um jeden Preis". Es sei "Vernunft angesagt", sagte von Grünberg dem "Manager-Magazin".

Die große Frage sei, für wie sicher man einen Erfolg der Schaeffler-Gruppe halte, die für Conti ein Übernahmeangebot vorgelegt hat. "Wenn die Übernahme wahrscheinlich ist, dann bevorzuge ich, dass wir keine verbrannte Erde hinterlassen." Mit Spannung wird erwartet, ob der Aufsichtsrat den Kurs des Vorstands unterstützt, der das Übernahmeangebot strikt ablehnt. Unterstützung bekam Wennemer von den Conti-Führungskräften.

Misstrauen im Vorstand

Von Grünberg sagte, für eine Zerschlagung der Continental AG stehe er nicht zur Verfügung. Schaeffler sichere aber zu, Conti nicht zerschlagen zu wollen. "Schaeffler will das sogar vertraglich garantieren." Zudem sagte von Grünberg, er könne sich "besonders im Autoteilegeschäft Finanzierungsformen außerhalb der börsennotierten Aktiengesellschaft gut vorstellen".

Dagegen ist der Vorstand wesentlich misstrauischer gegenüber der Schaeffler-Gruppe. Bei einem erfolgreichen Vorstoß von Schaeffler drohe eine Zerschlagung von Conti, ein Verkauf der Reifensparte und die Gefährdung von Jobs, hieß es. "Wir werden die Unabhängigkeit dieses Unternehmens verteidigen und dafür kämpfen." Der angebotene Preis - Schaeffler bietet 70,12 Euro pro Aktie - ist aus Sicht des Conti-Vorstands deutlich zu niedrig. Medienberichten zufolge lehnen deshalb auch große Aktionäre das Angebot ab. Branchen-Analysten halten einen Preis zwischen 80 und 100 Euro für gerechtfertigt.

Angebot lenkt den Vorstand ab

Von Grünberg sagte dem "Manager-Magazin", er und Wennemer müssten die Angemessenheit des Schaeffler-Angebots sorgfältig prüfen. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Wennemer seien dabei nicht grundlegend. Conti müsse sich so schnell wie möglich wieder auf operative Aufgaben konzentrieren. Die Situation sei angesichts der Kostenexplosion bei den Rohmaterialien, der Krise der US-Autobauer und der Integration von Siemens VDO schwer genug. "Ein derartiges Übernahmeangebot lenkt den Vorstand zu sehr ab", sagte von Grünberg.

Der Verdacht, er sei bei dem Übernahmeversuch der "Architekt im Hintergrund" gewesen, sei falsch. "Ich schätze Frau Schaeffler, ich weiß, dass sie ehrgeizig ist", sagte von Grünberg. "Aber der Angriff auf Conti war nicht vorhersehbar." Im Falle eines Erfolgs werde Schaeffler-Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler vermutlich Anspruch auf den Posten des Conti-Aufsichtsratsvorsitzenden erheben. Als Kandidat für die Spitze des Schaeffler-Beirats sehe er sich nicht, sagte von Grünberg.

Betriebsrat zeigt sich offen

Auch der Betriebsrat von Continental hat Offenheit für eine Zusammenarbeit mit Schaeffler signalisiert. "Wir haben nichts gegen deutsche Investoren einzuwenden, solange sie die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft einhalten", heißt es in einem Briefes des Conti-Gesamtbetriebsrats an die Schaeffler-Gruppe. Es müssten aber langfristige Perspektiven für die Conti-Standorte sowie Zusagen für Arbeitplätze gemacht werden. Der Konzern dürfe zudem nicht zerschlagen werden.

Aufsichtsratsmitglied Michael Deister sagte: "Ich gehe davon aus, dass die Zusammenarbeit mit Schaeffler kommt." Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Bärbel Bruns erklärte: "Dass zwischen dem Aufsichtsratschef und dem Vorstand verschiedene Auffassungen existieren, ist nicht gerade förderlich."

Schaeffler will eigenen Angaben zufolge mehr als 30 Prozent der Conti-Anteile übernehmen. Der Conti-Vorstand ist aber nur zu einer Beteiligung von 20 Prozent bereit, was wiederum Schaeffler ablehnt. Schaeffler hat direkt und über sogenannte Swap-Geschäfte bereits Zugriff auf ein Aktienpaket von rund 36 Prozent, falls die an dem Deal beteiligten Banken bis zum Ende mitspielen. Damit hätte Schaeffler wegen der geringen Präsenz auf Hauptversammlungen faktisch das Sagen bei Conti. Wennemer hatte das Vorgehen Schaefflers als rechtswidrig bezeichnet.

Die Conti-Führungskräfte lehnten das Übernahmeangebot von Schaeffler ab. "Wir haben einfach kein Vertrauen", sagte der Sprecher der leitenden Angestellten, Thorsten Reese, der dpa. Die Führungskräfte glaubten den Zusicherungen Schaefflers nicht, Conti werde im Falle einer Übernahme nicht zerschlagen und bleibe ein eigenständiger Konzern mit Sitz in Hannover. "Die können uns das Blaue vom Himmel versprechen", sagte Conti-Aufsichtsratsmitglied Reese.

Unterdessen will die Finanzaufsicht BaFin einem Zeitungsbericht zufolge rasch über die geplante Übernahme entscheiden. Laut "Financial Times Deutschland" signalisierte die Behörde, dass sie die umstrittenen Swap-Geschäfte von Schaeffler nicht untersagen wolle.

DPA · Reuters
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