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Der Bahnchef und der Spitzel-Skandal Mehdorns Job steht auf dem Spiel

Die Bahn-Gewerkschaften verlangen ein klares Signal von ihrem Boss: Hartmut Mehdorn soll sich wegen des Datenschutzskandals bei den betroffenen 173.000 Mitarbeitern entschuldigen. Außerdem fordern die Gewerkschaften eine Sondersitzung des Aufsichtsrats. Auf der könnte sich Mehdorns Schicksal entscheiden.

In der vom stern aufgedeckten Datenschutzaffäre bei der Deutschen Bahn fordern Politik und Gewerkschaften eine Entschuldigung von Konzernchef Hartmut Mehdorn bei den betroffenen 173.000 Mitarbeitern. Die Bahn sei "weit über das Ziel hinausgeschossen", sagte SPD-Fraktionschef Peter Struck am Sonntag. "Es ist ein unmöglicher Vorgang, für den Herr Mehdorn möglichst schnell auch die Entschuldigung finden sollte gegenüber den Mitarbeitern."

Struck nahm Mehdorn zugleich in Schutz: "Ich glaube, er hat das Unternehmen gut geführt in einer schwierigen Situation", sagte er. "Dass solche Vorgänge dann passieren, ist ärgerlich." Mehdorn müsse die Vorgänge jetzt lückenlos aufklären. "Und es wäre ganz gut, wenn Hartmut Mehdorn sich selbst auch etwas zurücknehmen würde, auch in seinen Äußerungen", fügte der SPD-Politiker an.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) fordern auch die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA eine Entschuldigung des Bahnchefs. Andernfalls müsste Mehdorn im Aufsichtsrat mit seiner Abberufung rechnen. Die Gewerkschaften hofften, "dass Herr Mehdorn und der Bahnvorstand noch die Kurve kriegen und erkennen und erklären, dass sie Mist gebaut haben", sagte der GDBA-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel der Zeitung. Ein einfaches "tut mir leid" von Mehdorn reiche nicht, so Transnet-Chef Alexander Kirchner im Info-Radio des rbb. "Dann muss der Vorstand auch gesamthaft dort in die Verantwortung genommen werden und letztendlich wird der Aufsichtsrat dann Konsequenzen ziehen müssen."

"Hochgefährliche Lage" für Mehdorn

Sollten die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat Mehdorn das Misstrauen aussprechen, sei die Partie für ihn gelaufen, erfuhr die "SZ" aus Kreisen des Aufsichtsrats. Die Lage sei "hochgefährlich" für den Bahnchef. Mehdorn beklagte dem Bericht zufolge in einem Brief an den Aufsichtsrat negative Medienberichterstattung in Folge des "angeblichen Datenschutzskandals". Dies sei angesichts der großen Anstrengungen der Bahn beim Kampf gegen die Korruption "sehr enttäuschend". Es sei dem Bahnvorstand bisher nicht gelungen, "in der Öffentlichkeit und den Medien Vertrauen und Verständnis für unsere Position zu finden", schreibt der Bahnchef demnach.

Der Aufsichtsratschef und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller wollte dem Bericht zufolge am Montag mit dem GDBA-Vorsitzenden Hommel und Transnet-Chef Alexander Kirchner über die von den Gewerkschaften geforderte Sondersitzung des Bahn-Aufsichtsrats reden. "Wenn die Spitzenvertreter der Belegschaft im Aufsichtsrat kurzfristig eine außerordentliche Sitzung wünschen, dann wird diese anberaumt", sagte ein Sprecher Müllers der "SZ".

Mehdorn sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, Kritiker aus dem Konzern einzuschüchtern und sie mundtot machen zu wollen. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Horst Friedrich, sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", es deute "sehr vieles darauf hin, dass die Korruptionsbekämpfung nicht das einzige Ziel der Bahn war". Auch Winfried Hermann von den Grünen vermutet, dass es "bei der Aktion auch darum ging, herauszufinden, wer Informationen aus der Bahn weitergegeben hat, beispielsweise an Kritiker des Konzerns".

Unterdessen wirft die Bahn dem Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix "Geheimnisverrat und Befangenheit" vor. Der Konzern fordere den Rückzug von Dix in dem Verfahren, berichtet die "Welt".

joe/DPA/AFP DPA

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