Der Zusammenschluss von Deutschlands größtem Energiekonzern E.ON mit dem größten Gasimporteur Ruhrgas dürfte nach Ansicht der Verbraucherzentrale einen funktionierenden Wettbewerb bis zum Endkunden noch lange verhindern. "Wir befürchten vielmehr, dass durch die noch weiter verstärkte Marktposition von E.ON die Nachteile für den Verbraucher noch größer werden", sagte Edda Müller vom Bundesvorstand der Verbraucherzentrale. Angesichts dieser Marktmacht, die vor allem beim Gas von der Förderung über den Import bis zur Verteilung zum Kunden gehe, sei es beispielsweise illusorisch, auf konkurrenzbedingt niedrigere Preise zu hoffen.
Kaum Raum für Konkurrenten
Ruhrgas hat allein beim Gasimport mit rund 60 Prozent einen überragenden Marktanteil. E.ON wiederum liefert mit seinen Stadtwerkebeteiligungen den für den Absatz nötigen Kreis der Endkunden. Kritiker sehen bei dieser Konstellation nur wenig Raum für Konkurrenten und ohne Konkurrenten auch keinen Druck, die Preise zu senken.
Fusion erst nach Zugeständnissen
Nach monatelangem Verhandlungspoker hatte sich E.ON am vorigen Freitag mit allen Gegnern seiner Fusion mit Ruhrgas außergerichtlich geeinigt. E.ON hatte ihnen Zugeständnisse gemacht, die ihnen unter anderem eine bessere Zugangsmöglichkeit zu ihren Strom- und Gasnetzen und Lieferung von Gas zu günstigeren Preisen vorsehen. Daraufhin erklärten die früheren Gegner ihre vorher beschworenen Gefahren für den Wettbewerb auf dem Strom- und vor allem dem Gasmarkt für ausgeräumt.
Energieabnehmer befürchten "neue Eiszeit"
Für den Verband der Energie-Abnehmer (VEA) zieht nach der vollzogenen Großfusion sogar "eine neue Eiszeit" auf dem Gasmarkt heran. Schon heute findet hier fast kein Wettbewerb statt, seien die Preise im europäischen Vergleich viel zu hoch. "Der Wettbewerb funktioniert überhaupt nicht, und ich sehe dass dieser Zustand durch E.ON-Ruhrgas zementiert wird", beklagte Manfred Panitz, geschäftsführendes VEA-Vorstandsmitglied gegenüber Reuters.
"Dicke Geldbörse" half nach
Mit der Fusion zeigt sich, da sind sich VEA und Verbraucherschützer einig, dass es ein Fehler war, die Marktöffnung den beteiligten Unternehmen zu überlassen. Denn letztlich habe E.ONs "dicke Geldbörse" den Ausschlag gegeben, letztlich hätten die Beteiligten die Sache unter sich ausgemacht, Ministererlaubnis hin oder her.
Keine staatliche Regulierung
Anders als im Rest der Europäischen Union gibt es in Deutschland keinen staatlichen Regulierer, wie etwa bei der Telekommunikation. Die Regeln für den seit 1998 offiziell als freien geltenden Wettbewerb bei Strom und Gas werden vielmehr von den in Verbänden zusammen geschlossenen Unternehmen geregelt. Diese Verbändevereinbarungen sind nicht nur der EU-Kommission, sondern gerade auch vielen jungen Unternehmen ein Dorn im Auge, die auf den hiesigen Markt einsteigen wollen. Denn in den Verbänden sind die Unternehmen der etablierten Energiewirtschaft vertreten, nicht aber die neuen Marktteilnehmer. Mehr noch als die Fusion selbst befürchtet der junge Gashändler natGas durch die Zugeständnisse E.ONs an seine Fusionsgegner eine Verzerrung des Wettbewerbs. Da hätten nun einige wenige Konkurrenten die Zusicherung erhalten, beispielsweise Gasmengen zu günstigeren Preisen zu erhalten als andere, beklagt Vorstandschef Jörg Bauth. Er will klagen, mit allen Mitteln. Rechtsexperten stufen seine Chancen allerdings als gering ein. Wenn E.ON mit Dritten Bezugsverträge abschließe, sei dies vertragsrechtlich ihre Angelegenheit, heißt es.
Auch Wettbewerbshüter bedauern Fusion
Den Wettbewerb und damit die Rechte des Verbrauchers sieht auch das Kartellamt gefährdet. Die Wettbewerbshüter hatten vor einem Jahr die geplante Fusion von E.ON und Ruhrgas untersagt und dies mit erheblichen Wettbewerbsverzerrungen begründet. Durch die Ministererlaubnis wurde das Kartellamt überstimmt. "Noch immer hat der Endverbraucher in Deutschland keine praktische Gelegenheit, sich den Gasversorger auszusuchen", moniert Behördenchef Ulf Böge. "Die Großfusion zwischen E.ON und Ruhrgas wird das weiter erschweren."