Energie Erweiterte EU von Importen abhängig

Auf dem Energiesektor gibt es große Unterschiede zwischen den Beitrittsländern und der bisherigen EU: Dort gibt es einen höheren Anteil von Stein- und Braunkohle, erneuerbare Energien spielen dagegen eine untergeordnete Rolle.

Bereits vor der bevorstehenden Erweiterung war die EU der größte Energie-Importeur der Welt und der zweitgrößte Verbraucher. Mit dem Beitritt der zehn neuen Staaten wird der Primärenergieverbrauch der Union nun um insgesamt rund 18 Prozent steigen.

Der Energiesektor der Neumitglieder ist keineswegs einheitlich, zudem weist die Struktur der eingesetzten Rohstoffe nach Angaben des Deutschen Nationalen Komitees des Weltenergierates (DNK) große Unterschiede gegenüber der bisherigen EU mit ihren 15 Mitgliedstaaten (EU-15) auf. Auffällig ist der deutlich höhere Anteil von Stein- und Braunkohle an der Primärenergieversorgung, der in den Beitrittsländern insgesamt bei 40 Prozent liegt. In der "alten" EU lag er bisher bei rund 15 Prozent.

"Allerdings ist die Kohlenproduktion mittel- und längerfristig rückläufig und mit schwierigen Umstrukturierungs- und Beschäftigungsproblemen verbunden", betont das DNK, in dem die großen Energieunternehmen Deutschlands vertreten sind.

Erneuerbare Energien spielen in den neuen Beitrittsländern keine Rolle

Umgekehrt dominieren Öl und Gas mit einem Anteil von zusammen mehr als zwei Dritteln die Energieversorgung der EU-15. "In den Beitrittländern ist allerdings eine ähnliche Entwicklung vorgezeichnet", betont der in Essen beheimatete Verband. Der Anteil der Kernenergie lag im Jahr 2000 in der EU-15 bei 15 Prozent, in den sieben Beitrittsstaaten, die Kernenergie nutzen, bei 9 Prozent. Erneuerbare Energien werden nach Ansicht des DNK aus Kostengründen in keinem der Beitrittsländer auf absehbare Zeit eine nennenswerte Rolle spielen, auch wenn etwa in Lettland und Slowenien rund sechs Prozent der Energie aus Wasserkraft gewonnen werden.

"Das erweiterte Europa wird alles daran setzen müssen, seine Energiezufuhr langfristig abzusichern", warnt das DNK. Grund: die hohe und noch weiter steigende Abhängigkeit von Mineralöl- und Erdgasimporten. Doch nicht nur bei der Beschaffung sieht die Energiewirtschaft eine Herausforderung. Zwei oder sogar dreistellige Milliardenbeträge müssten aufgewendet werden, um den Kraftwerkspark zu modernisieren, die Strom- und Gasnetze zu ertüchtigen und den Umweltschutz zu verbessern.

Geld für die Modernisierung müssen die neuen EU-Länder selbst aufbringen

Das nötige Geld müsse von den Beitrittsländern selbst erwirtschaftet werden, meint der Verband. Voraussetzung dafür seien jedoch "auskömmliche Preise". In vielen Beitrittsländern existierten noch Preiskontrollen, subventionierte Energiepreise und eine schlechte Zahlungsmoral. "Es wird daher schwierig sein, die Energiewirtschaft dieser Länder für private Investoren attraktiv zu machen", lautet das Fazit.

Die großen deutschen Konzerne wie RWE, E.ON und Ruhrgas haben sich dennoch längst große Stücke des Energiekuchens in den Beitrittsländern gesichert. So ist RWE Eigentümerin des einzigen tschechischen Ferngasunternehmens sowie zahlreicher Regionalgesellschaften und kontrolliert damit weite Teile der Gasversorgung Tschechiens. Ruhrgas und E.ON halten bedeutende Minderheitsanteile an der Gasversorgung der drei baltischen Staaten. In der Slowakei sind E.ON und RWE an großen Stromversorgern, Ruhrgas am staatlichen Gasunternehmen beteiligt. Ein ähnliches Bild bietet sich in Ungarn.

Märkte in Mittel- und Osteuropa wachsen überdurchschnittlich

"Die Märkte Mittel- und Osteuropas wachsen derzeit überdurchschnittlich im Vergleich zu ihren westeuropäischen Nachbarn", heißt es bei RWE in Essen. Schon rund zehn Prozent des Konzernergebnisses stammten aus zukünftigen Mitgliedsländern in dieser Region.

Die deutsche Kohleindustrie betont unterdessen die Unverzichtbarkeit von Kohle für die Energiesicherheit. "Die EU-Erweiterung wird den Trend zur Importabhängigkeit nicht wesentlich abschwächen, ungeachtet dessen, dass einige bedeutende Kohleproduzenten wie Polen und Tschechien der EU beitreten werden", meint der Vorstandsvorsitzende des Bergbaukonzerns RAG, der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller.

Kohle werde trotz schwieriger Umstrukturierungsprobleme auch mittel- und langfristig zur Inlandsversorgung dieser Länder notwendig sein. Entsprechend müsse der heimische Kohlenbergbau mit seinen EU-weit größten Reserven und seiner zukunftsweisenden Technik weiter eine vitale Rolle spielen.

DPA