Die Angst vor einem Überschwappen der Schuldenkrise auf Italien und einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands wühlt die Finanzmärkte auf. Der Euro rutschte auf 1,3875 Dollar und lag damit mehr als einen US-Cent niedriger als am Vorabend in New York. "Bestrebungen, einen Rettungsplan für Griechenland nun schneller auf die Beine zu stellen als bisher geplant, überzeugen die Finanzmärkte nicht", erklärten Analysten der Commerzbank. Der niederländische Finanzminister warnte, ein selektiver Zahlungsausfall Griechenlands sei nicht mehr ausgeschlossen.
Seit vergangener Woche fürchten die Händler an den Märkten, Italien könnte als nächstes Euro-Land wegen seiner hohen Schulden auf Milliardenhilfen seiner Nachbarn angewiesen sein. So stürzte die Börse in Mailand am Dienstag erneut ab. Der italienische Leitindex FTSE Mib verlor in den Minuten nach Handelsstart vier Prozent, erholte sich aber bis zum Mittag und notierte bei 0,93 Prozent unter dem Startwert.
Die zurzeit im Fokus stehenden Bankaktien zählten am Dienstag zu den stärkeren Titeln. Die Aktien der Unicredit gewannen gegen den Trend 2,77 Prozent. Ein Blick auf die vergangenen fünf Handelstage verrät aber, wie sehr die Bankentitel aus dem südeuropäischen Land zuletzt schon unter die Räder gekommen sind. So verloren die Unicredit-Aktien in diesem Zeitraum knapp 24 Prozent.
Auch Überseebörsen geraten unter Druck
Wie am Vortag suchten viele Anleger ihr Heil in deutschen Bundesanleihen: Der Bund-Future stieg um 74 Ticks auf 129,88 Punkten. Die Rendite der italienischen zehnjährigen Staatsanleihen näherte sich derweil mit 5,96 Prozent der Marke von sechs Prozent an. Die Rendite der vergleichbaren deutschen Papiere lag bei 2,6 Prozent.
Ungebremste Talfahrt auch bei Dax: Der deutsche Leitindex sackte nach zwei schwachen Handelstagen zwischenzeitlich unter die Marke von 7000 Punkten. Der MDax mittelgroßer Werte büßte 3,22 Prozent ein und für den TecDax ging es um 2,55 Prozent abwärts.
Die Sorgen um ein Übergreifen der Schuldenkrise drückte auch die Überseebörsen nach unten, wenn auch deutlich weniger als die europäischen Indizes. Diesseits des Atlantiks setzte sich die unterdurchschnittliche Entwicklung indes fort, wie ein Börsianer sagte. Als negativ wertet er das "schlechte Krisenmanagement in der Eurozone". Bei einem Treffen der Euro-Finanzminister am Montag wurde deutlich, dass Kernfragen des neuen Griechenland-Notplans weiter umstritten sind. "Es wird immer noch nicht mit einer Stimme gesprochen", sagte der Händler.
Finanzwerte gerieten vor diesem Hintergrund besonders stark unter Druck. So fielen die Aktien der Deutschen Bank um 4,81 Prozent und die der Commerzbank um 4,21 Prozent. Für die Papiere des Versicherers Allianz ging es um 4,08 Prozent nach unten.
"Die Lage ist nicht ganz einfach"
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) versuchte indes zu beruhigen und wies Befürchtungen zurück, nach Griechenland könnte nun auch Italien Finanzhilfen der Europartner brauchen. Der italienische Finanzminister habe einen Haushaltsentwurf vorgelegt und es bestehe kein Zweifel, dass dieser im Parlament auch so beschlossen werde, sagte Schäuble am Dienstag im Deutschlandfunk. "Sobald das so ist, wird auch diese Spekulation wieder zurückgehen."
"Die Lage ist nicht so ganz einfach", sagte Schäuble. "Vor allen Dingen muss man auch darauf achten, dass man in einer so nervösen Lage nicht Ansteckungsgefahren verstärkt." Die Eurozone sei in einer schwierigen Situation, da die zu hohen Schulden einiger Mitgliedsländer das Vertrauen in die Eurozone als Ganzes gefährdeten. "Deswegen müssen wir gemeinsam handeln." Bislang erhalten bereits Griechenland, Irland und Portugal Unterstützung von den Europartnern und dem Internationalen Währungsfonds IWF.
Die Finanzminister der 27 EU-Staaten kommen im Laufe des Tages in Brüssel zusammen, um eine gemeinsame Strategie zur Absicherung der europäischen Bankenbranche zu beraten. Schäuble erneuerte davor seine Kritik an den Ratingagenturen. Es sei problematisch, dass "wir fast ein Oligopol von drei großen Agenturen haben, die den Markt weitgehend beherrschen". Besser wären mehr Vielfalt und Wettbewerb, sagte Schäuble.
"Wir überprüfen das ganze Instrumentarium, auch das kartellrechtliche Instrumentarium, damit wir Missbräuchen, die es möglicherweise geben kann, auch entsprechend entgegenwirken können." Die Ratingagenturen hätten keinen Grund, auf einem hohen Ross zu sitzen, sagte der Finanzminister.