Europäische Staatsschuldenkrise Spanische Banken brauchen "nur" 62 Milliarden Euro

Nach vielen Hiobsbotschaften für die Euroretter gibt es nun eine gute Nachricht. Der Betrag zur Sanierung spanischer Geldinstitute ist immer noch riesig, aber nicht so hoch wie erwartet.

Die angeschlagenen spanischen Banken brauchen laut Gutachten für ihre Sanierung bis zu 62 Milliarden Euro. Dies geht aus zwei Untersuchungen der Beratungsunternehmen Oliver Wyman und Roland Berger hervor. Der Vizegouverneur der spanischen Zentralbank, Fernando Restoy, gab die Ergebnisse der Gutachten am Donnerstag in Madrid bekannt. Die Eurogruppe hatte vor knapp zwei Wochen beschlossen, den spanischen Banken Rettungshilfe im Umfang von bis zu 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.

Der offizielle Antrag Madrids auf Notkredite von den Europartnern steht noch aus. Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos hatte in Luxemburg vor Beratungen der Eurogruppe gesagt, Madrid werde den offiziellen Antrag erst in den nächsten Tagen stellen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte den Finanzbedarf der spanischen Banken auf mindestens 40 Milliarden Euro geschätzt. Ökonomen sprachen von bis 60 bis 80 Milliarden Euro. Das Euro-Schwergewicht Spanien steht angesichts seiner heftigen Bankenkrise unter dem Druck der Finanzmärkte und muss hohe Risikoprämien für seine langfristigen Staatsanleihen zahlen. Auch Italien ist krisengebeutelt und steht verschärft im Fokus der Märkte.

Die Euroländer hatten lange um die Ausgestaltung ihres Rettungsschirms gerungen. Doch schon beim ersten Praxistest der neuen, im vergangenen Jahr erfundenen Instrumente, werden die Spielregeln wieder infrage gestellt – wegen Spanien. Das Land zögerte monatelang mit der Bitte um Hilfe für seine Banken und kämpfte hinter den Kulissen für direkte Kredite des Fonds an die angeschlagenen Geldhäuser, ohne Antrag der Regierung und Reformauflagen.

"Wir brauchen nicht ständig neue Überlegungen"

Die Eurostaaten hatten ihre Krisenabwehr im vergangenen Jahr mit einem Arsenal an Instrumenten unterhalb der Schwelle von umfangreichen Rettungspaketen wie für Griechenland, Portugal und Irland versehen. Seither können vorbeugende Kredite, Hilfen zur Rekapitalisierung von Banken oder Interventionen am Anleihemarkt eingesetzt werden, um einen bedrohlichen Anstieg von Anleihezinsen zu begrenzen. Ziel ist dabei, dem Land den Zugang zum Kapitalmarkt offen zu halten. Allerdings muss eine Regierung dies beantragen und sich im Gegenzug zu Auflagen verpflichten. Bei Bankenhilfen sollen diese auf Reformen des Finanzsektors begrenzt werden.

Das Beispiel Spanien zeigt allerdings, dass die Spekulation an den Finanzmärkten über den Bedarf nach einem kompletten Rettungspaket erst richtig in Fahrt kommt, sobald die Regierung um die begrenzte Hilfe bittet. Die krisengeschüttelten Staaten scheuen daher den Ruch, gerettet werden zu müssen. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy vermied sogar den Begriff "Rettung". Sein italienischer Amtskollege Mario Monti forderte, Anleihekäufe müssten getrennt von einer Rettung (Bail-out) möglich sein für Länder wie Italien, die auch ohne Troika-Programm ihre Reformhausaufgaben machten. Die Bundesregierung hält von solchen Ideen nichts. Alles sei schon genau geregelt, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). "Wir brauchen nicht ständig neue Überlegungen in der Öffentlichkeit, als hätten wir nicht längst präzise Vereinbarungen getroffen."

DPA
tsm/DPA