Das griechische Haushaltsdefizit wird nach Ansicht der Europäischen Kommission noch größer ausfallen als bisher erwartet. Die Brüsseler Behörde wirft den Statistikern des Landes Fehlbuchungen vor. Die Statistikbehörde sei ineffektiv und anfällig für politische Einmischungen, heißt es in einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf eine Untersuchung der Kommission beruft. Auf 14 Posten hätten die griechischen Statistiker Einnahmen und Ausgaben falsch verbucht, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ).
Der bisher unveröffentlichte Bericht der EU-Kommission offenbart einen Statistikskandal. Zum zweiten Mal nach 2004 wird deutlich, dass die Regierung in Athen mit Zahlen trickst. Damals betraf das die Defizitangaben für den Zeitraum 1997 bis 2000. Die veröffentlichen Daten lagen allesamt unter dem Referenzwert von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Es stellte sich heraus, dass die Angaben falsch waren. Griechenland hätte sich damit eigentlich nicht für die Euro-Zone qualifiziert.
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Seitdem hat sich im griechischen Statistikwesen offenbar nicht viel verändert. Mit der verheerenden Finanzlage rückte die Regierung nur scheibchenweise heraus. Unmittelbar vor der Parlamentswahl im Oktober musste die damalige konservative Regierung die Defizitangaben für 2008 nach oben korrigieren.
Dieselbe Regierung hatte im Frühjahr ein Defizit von 3,7 Prozent des BIP nach Brüssel gemeldet. Nach dem Regierungswechsel korrigierte die neue sozialistische Regierung die Daten. Sie rechnet mit einem Fehlbetrag von 12,7 Prozent. Damit wurde die dramatische Schieflage der Staatsfinanzen offenbar. Die Rating-Agenturen reagierten mit einer Herabstufung der Bonität, was neue Kredite für Griechenland verteuerte.
Kommission sieht viele offene Fragen
Mit einem radikalen Sparprogramm will die Regierung die Lage wieder in den Griff bekommen. Innerhalb von drei Jahren will Athen das Etatdefizit unter die Drei-Prozent-Marke drücken. Insgesamt steht Griechenland mit 300 Milliarden Euro in der Kreide. Das entspricht 125 Prozent der Wirtschaftsleistung - der höchste Wert in der EU.
Das europäische Statistikamt Eurostat habe die letzten Angaben aus Griechenland vom Oktober 2009 bisher nicht bestätigen können, heißt es in dem Kommissionsbericht. Es gebe viele offene Fragen, beispielsweise bezüglich der Sozialversicherungsfonds, Krankenhausschulden und Transaktionen zwischen der Regierung und Staatsunternehmen. Laut "FAZ" beklagt sich die Brüsseler Behörde auch darüber, dass Vorgaben des europäischen Statistikamtes (Eurostat) für eine verbesserte Datenerfassung nicht befolgt wurden.
Die Kommission erwarte daher, dass es weitere Anpassungen beim Haushaltsdefizit und bei Schuldenangaben bezüglich 2008 und möglicherweise auch früherer Jahre geben wird. Die EU-Finanzminister werden den Bericht in der kommenden Woche in Brüssel diskutieren.
Wirtschaftskommissar Rehn besorgt
Der designierte Wirtschaftskommissar Olli Rehn schlug bei seiner Anhörung im Europäischen Parlament neue Wege im Kampf gegen die ausufernde Staatsverschuldung vor. Das könnten europäische Staatsanleihen für Infrastrukturprojekte oder Mischfinanzierungen unter Beteiligung privater Geldgeber sein. Die Sanierung der Staatsfinanzen habe für ihn oberste Priorität, sagte er.
Die EU-Staaten will der Finne nicht nur beim Sparen, sondern auch beim Umsetzen der künftigen EU-Wachstumspolitik schärfer kontrollieren. "Entweder, wir setzen uns gemeinsam für ein Wiedererstarken der Wirtschaft ein, oder wir laufen Gefahr, in Bedeutungslosigkeit zu versinken", warnte Rehn bei der dreistündigen Fragestunde im Parlamentsausschuss. Rehn forderte speziell die Regierung in Athen auf, ein umfassendes Sparpaket vorzulegen. Die sehr ernsten Probleme Griechenlands drohten sich auf die Euro-Zone auszuwirken. "Ich bin besorgt über den Trend der öffentlichen Finanzen in vielen Mitgliedstaaten, er ist in den meisten nicht haltbar."