Als Konsequenz aus einer drastischen Zunahme von Anlagebetrug mit Millioneneinbußen für private Investoren stärkt die Bundesregierung den Anlegerschutz. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch ein Gesetzespaket für mehr Verbraucherrechte. Bürger sollen künftig bei Pleiten von Lebens- und privaten Krankenversicherungen vor einem Totalverlust ihrer Einlagen und Ansprüche bewahrt werden. Dazu soll die Versicherungsbranche einen Sicherungsfonds einrichten, an dem sich alle Anbieter mit Sitz in Deutschland beteiligen müssen. Zugestimmt wurde auch einer Neuregelung der Versicherungsaufsicht.
Schärfere Kontrolle für Topmanager
Um ihr Geld gebrachte Bürger sollen es künftig leichter haben, gegen Unternehmen des Grauen Kapitalmarktes zu klagen und Schadensersatz durchzusetzen. Angesichts zahlreicher Börsenskandale sollen Topmanager schärfer kontrolliert werden, um Marktmanipulationen zu erschweren. Ab 2005 soll schon der Versuch von Insidergeschäften strafbar sein.
Nach den jüngeren Börsenskandalen wird Bilanzfälschung erschwert. Die rund 1.000 börsengehandelten Aktiengesellschaften in Deutschland müssen künftig mit schärferen Kontrollen rechnen - erstmals auch durch unabhängige Prüfer. Derzeit erhalten nur Aufsichtsräte und von den jeweiligen Unternehmen beauftragte Wirtschaftsprüfer Einblick in Geschäftsbücher. Nach den Bilanzfälschungsskandalen der vergangenen Jahre, die manchem Kleinaktionär seine Ersparnisse kosteten, kam die Regierung zu dem Befund, dass diese Praxis "nicht immer ausreicht".
Zehn-Punkte-Programm
Das Gesetzespaket wurde von den Ministern für Justiz und Finanzen, Brigitte Zypries und Hans Eichel erarbeitet. Vorgesehen ist die Einrichtung einer privatrechtlich organisierten unabhängigen Prüfstelle, die spätestens 2005 ihre Tätigkeit aufnehmen soll. Die Ermittler sollen "auf der Basis freiwilliger Mitwirkung der Unternehmen" Konzern- und Jahresabschlüsse auf Fälschungen untersuchen können. Nur wenn sich ein konkreter Verdacht ergibt, werden staatliche Bilanzhüter eingeschaltet.
Das Maßnahmenbündel gehört zu einem Zehn-Punkte-Programm der Regierung, mit dem der Finanzplatz Deutschland gestärkt und für mehr Vertrauen bei Investoren gesorgt werden soll. Anlegerschützer und Wirtschaft unterstützen die Pläne. Privatanleger verlieren durch krumme Geschäfte am Grauen Kapitalmarkt nach Angaben des Finanzministeriums jedes Jahr insgesamt zwischen 500 Millionen und 30 Milliarden Euro.
Meldepflicht für Aktiengeschäfte ausgedehnt
Der Kreis der Personen, die Aktiengeschäfte anmelden müssen, wird erweitert. Momentan ist er auf Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder beschränkt. Künftig soll die Meldepflicht auf all jene ausgedehnt werden, die zu jeder Zeit Zugang zu wichtigen Interna und Einfluss auf Entscheidungen ihres Unternehmens haben, also Manager in Spitzenpositionen. Einbezogen werden aber auch deren Lebenspartner, Kinder und Eltern sowie nahe Verwandte, wenn sie mindestens ein Jahr im Haus des Managers leben.