Eklat um Online-Marktplatz Nazi-Bücher bei Kaufland – Discounter will "Sortiment auf den Prüfstand stellen"

Kaufland muss sich für rechtsextreme Literatur im Online-Marktplatz erklären
Kaufland muss sich für rechtsextreme Literatur im Online-Marktplatz erklären
© FrankHoermann/ / Picture Alliance
Auf Kaufland.de wurden Jutebeutel der Antifa gelöscht – während Bücher von Holocaustleugnern und anderer rechtsextremer Autoren weiter zu kaufen waren. Nun kündigte das Unternehmen eine Überprüfung des Sortiments an.

Discounter Kaufland ist wegen rechtsextremer Bücher im unternehmenseigenen Online-Marktplatz in die Kritik geraten. So empörten sich am Wochenende zahlreiche Nutzer auf Twitter, dass man auf kaufland.de nicht nur eine unkommentierte Version von Hitlers "Mein Kampf" kaufen könne, sondern auch Bücher von Holocaustleugnern und anderen Autoren mit eindeutig rechter Gesinnung.

Losgetreten wurde die Protestwelle dadurch, dass Kaufland kurz zuvor Jutebeutel und T-Shirts mit dem Logo der Antifa (Antifaschistische Aktion) aus dem Onlineangebot entfernt hatte. Über die Antifa-Produkte hatte sich ein offenbar politisch sehr weit rechts stehender User beklagt.

Kaufland betreibt online nicht nur einen eigenen Onlineshop, sondern auch einen Marktplatz, auf dem ähnlich dem Amazon-Marketplace Dritthändler ihre Artikel verkaufen können – so auch die Antifa-Produkte. "Nach eingehender Prüfung haben wir uns dazu entschieden, die Produkte zu entfernen", twitterte Kaufland am Freitag über die Löschaktion.  

Kaufland auf dem rechten Auge blind?

Das wiederum brachte andere User in Rage, die darauf hinwiesen, dass Kaufland in seinen Filialen seit Jahren das "Compact"-Magazin verkaufe, das vom Verfassungsschutz wegen "revisionistischer, verschwörungstheoretischer und fremdenfeindlicher Motive" als rechtsextrem eingestuft wird. Tatsächlich hatte Kaufland 2020 angekündigt, das "Compact"-Magazin aus dem Sortiment zu nehmen, was sich dann aufgrund presserechtlicher Vorgaben aber als schwierig erwies.

Am Samstag reagierte Kaufland daher via Twitter auf die Kritik, auf dem rechten Auge blind zu sein: "Es kommt hier viel Kritik, weil wir rechtsextreme Magazine verkaufen, dann aber linksextremen Merch auf unserem Marktplatz sperren", erklärte Kaufland. "Um es deutlich zu sagen: Wir bei Kaufland lehnen extreme Meinungen ab. Sie sind schädlich für den Diskurs und schädlich für die Demokratie. Deshalb verbannen wir extreme Produkte dort, wo wir es können. Beim Marktplatz ist das einfacher, bei den Magazinen haben wir trotz intensiver Bemühungen bisher keinen Erfolg gehabt." Man verurteile extreme Standpunkte und versuche zu vermeiden, dass dazugehörige Produkte verkauft würden.  

Umfangreiche Nazi-Bücherabteilung

Diese Erklärung sorgte aber mitnichten für eine Befriedung der Diskussion. Während sich einige über die verbale Gleichsetzung von Rechtsextremismus und Antifaschismus empörten, richteten andere den Scheinwerfer auf das, was im Kaufland-Marktplatz noch so alles zu kaufen sei.

Leo Schneider, Vorsitzender der Jusos im Kreis Hamburg Nord, postete auf Twitter einen ganzen Katalog von Büchern mit rechtsextremem Gedankengut, die auf kaufland.de zu kaufen waren. So war neben einer unkommentierten Ausgabe von Hitlers "Mein Kampf" auch Schriften des britischen Holocaustleugners David Irving sowie zahlreicher weiterer rechtsextremer Autoren zu finden.  

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Kaufland stellt "Sortiment auf den Prüfstand"

Kaufland entfernte daraufhin die kritisierten Werke, woraufhin Schneider eine weitere Liste mit "Nazikram" postete, die beim Löschen wohl übersehen wurde. Auch diese entfernte Kaufland – woraufhin Schneider die dritte Runde einläutete. Es stellt sich der Eindruck ein, dass Kaufland zwar rechte Bücher nach Hinweisen entfernt, aber grundsätzlich nicht sonderlich genau hinschaut, was da alles auf kaufland.de verkauft wird. 

Auf Anfrage des stern erklärte Kaufland am Montag, auf dem Online-Marktplatz würden über 40 Millionen Produkte von rund 8000 Händlern angeboten. "Wir werden in den kommenden Tagen unsere Prozesse sowie unser Sortiment auf den Prüfstand stellen und entscheiden, ob und welche weiteren Produkte wir aus dem Angebot nehmen werden. Einzelne Produkte haben wir aktuell bereits aus dem Angebot genommen." Man darf gespannt sein, was das für die politischen Schriften eines Alexander Gauland oder das ebenfalls im Angebot befindliche Putin-Porträt des russischen Ultranationalisten Alexander Dugin bedeutet.