Deutsche Konjunkturhoffnungen haben jetzt einen schweren Dämpfer erfahren. So brachen die Bestellungen bei der deutschen Industrie im Juni um 3,2 Prozent wieder ein, nachdem sie im April saisonbereinigt um 2,1 und im Mai um 3,3 Prozent gestiegen waren. Das teilte das Bundesfinanzministerium am Mittwoch auf Grund vorläufiger Berechnungen des Statistischen Bundesamtes mit. Zwar sieht das Ergebnis für die beiden zusammengefassten Monate Mai/Juni im Vergleich zu März/April 2002 mit plus 2,3 Prozent günstiger aus. Im Vergleich zu Mai/Juni 2001 bleibt aber ein Minus von 2,2 Prozent.
Größere Unsicherheit in Deutschland und Europa
In Westdeutschland ging die Nachfrage im Juni um 3,5 Prozent zurück, womit die Zuwächse vom Mai wieder neutralisiert wurden. Die Unternehmen in den neuen Ländern konnten dagegen einen leichten Zuwachs um 0,7 Prozent verbuchen, womit gleichhohe Ausfälle im Mai gerade ausgebügelt wurden. Nach dem reduzierten Geschäftsklimaindex und neuerlichen Einbrüchen der amerikanischen Konjunktur erhöht sich nunmehr wieder die Unsicherheit auch für Deutschland und Europa, wann der Konjunkturzug nach monatelanger Flaute an Fahrt gewinnt.
Monate vor der Wahl hatte die Regierung immer wieder die Erwartung einer Verstetigung der Auftragseingänge bei der deutschen Industrie geäußert, die traditionell als Frühindikatoren die Vorhut der tatsächlichen Konjunktur bilden. Nach der anhaltenden Flaute zeigt sich jetzt darüber hinaus, dass die Produktion nicht mehr mit rund einmonatiger Verzögerung voll der Nachfrage folgt, wie der Einbruch bei der Industrieerzeugung im Mai mit minus 1,3 Prozent gezeigt hatte. Die Produktionsergebnisse sollen an diesem Donnerstag bekannt gegeben werden.
Den Rückgang im Juni führt das Finanzressort auf »eine kräftige Abnahme der Bestellungen aus dem Ausland um 7,0 Prozent« zurück, nachdem es im Mai noch einen Zuwachs um 9,4 Prozent gegeben hatte. Der dahinter stehende Erfolg besonders vieler Großaufträge blieb diesmal aus. Aus dem Inland kam ein leichtes Auftragsplus von 0,3 Prozent. Das ist allerdings noch keine Trendwende nach einem Rückgang der Binnennachfrage nach Industrieprodukten im Mai um 1,9 Prozent.
Auch Erwartungen an eine stabilere Investitionskonjunktur zerstoben mit einem Rückgang der Investitionsgüteraufträge um 5,3 Prozent im Juni nach einem satten Plus von 7,0 Prozent im Vormonat. Bei den Konsumgütern stabilisierte sich die Entwicklung leicht auf plus 0,1 Prozent nach minus 1,1 Prozent im Mai.
Wachstum kam aus dem Ausland
Im Zweimonatsvergleich, der die monatlichen Konjunkturschwankungen glättet, kam das Wachstum im Mai/Juni im Vergleich zu März/April diesmal aus dem Ausland mit plus 5,1 Prozent. Die Binnen-Nachfrage bewegte sich mit minus 0,1 Prozent nur leicht nach unten. Innerhalb der Industrie konnten auch hier die Erzeuger von Investitionsgütern mit plus 4,5 Prozent den größten Anstieg bei Neuaufträgen verbuchen, während die Erzeugung von Konsumgütern nur um 0,5 Prozent zunahm.
In diesem Zweimonatsvergleich erhöhte sich der Bestelleingang im früheren Bundesgebiet um 3,1 Prozent, während in den neuen Bundesländern die Nachfrage um 7,3 Prozent zurückging.
Im Vergleich zu den zusammengefassten Monaten Mai/Juni 2001 nahm das Auftragsvolumen in Westdeutschland um 2,3 Prozent ab. In den neuen Ländern stagnierte es. Die Inlandsaufträge fielen insgesamt um 5,3 Prozent zurück. Dagegen überschritten die Bestellungen aus dem Ausland das Vorjahresniveau um 1,6 Prozent.