Das vergangene Jahr hielt für Verbraucher einige Überraschungen parat – leider auch viele unliebsame. Insbesondere der Krieg, der Energiepreisschock und die explodierende Inflation machten vielen zu schaffen. Die Regierung ersann, verwarf und überdachte fieberhaft Heizkostenhilfen und andere Entlastungspakete.
Auch jenseits von akuter Krisenbewältigung kommen auf Verbraucher 2023 zahlreiche gesetzliche Änderungen zu. Von Bahnfahren bis Elektroautokauf, von Krankenkassenbeitrag bis Tabaksteuer – wichtige Neuerungen finden Sie hier im Überblick.
Preisbremsen für Strom, Gas und Fernwärme
Ab 1. März gelten – rückwirkend zum 1. Januar – die Energiepreisbremsen der Bundesregierung. Verbraucher erhalten dann 80 Prozent ihres Vorjahresverbrauchs zu einem gedeckelten Preis. Beim Strom sind das 40 Cent je Kilowattstunde. Beim Gas sind es 12 Cent und Fernwärmekunden zahlen maximal 9,5 Cent. Wer mehr als die gedeckelte Menge verbraucht, zahlt den vollen Preis seines Anbieters. Die Entlastung erfolgt über die Abrechnung des Energieversorgers oder die Betriebskostenabrechnung des Vermieters. Die Preisbremsen sollen bis Ende April 2024 bestehen.
Vermieter müssen sich an CO2-Abgabe beteiligen
2021 wurde eine CO2-Abgabe für das Heizen mit Öl und Gas eingeführt, bislang zahlen Mieter diese alleine. Ab 1. Januar 2023 müssen sich Vermieter daran beteiligen. Dabei gilt folgendes Stufenmodell: Je schlechter das Gebäude gedämmt und je älter Heizung und Fenster sind, desto mehr Kosten müssen Vermieter übernehmen. Der Vermieter-Anteil liegt zwischen 0 und 95 Prozent. So soll ein Anreiz für die Immobilienbesitzer entstehen, ihre Gebäude klimafreundlicher zu machen. Laut Deutschem Mieterbund kostete die CO2-Abgabe für eine durchschnittliche Mehrfamilienwohnung 2022 knapp 70 Euro bei Gas und rund 100 Euro bei Heizöl. Da der CO2-Preis künftig angehoben wird, steigen die jährlichen Kosten bis 2025 im Schnitt auf 125 Euro (Gas) beziehungsweise 180 Euro (Heizöl).
Start des 49-Euro-Tickets
Nach langem politischen Ringen ist die Einführung des 49-Euro-Tickets beschlossen. Der Start des auch Deutschlandticket genannten Angebots soll im Frühjahr 2023 erfolgen, angepeilt wird der 1. April. Wie beim 9-Euro-Ticket im Sommer soll das 49-Euro-Ticket deutschlandweit in allen Bussen und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs gelten. Es soll in Form eines monatlich kündbaren Abos buchbar sein. Die 49 Euro sind ein „Einführungspreis“, der 2024 steigen könnte.
Förderung beim E-Auto-Kauf sinkt
Die staatlichen Zuschüsse bei der Anschaffung eines Elektroautos sinken. Ab 1. Januar 2023 gibt es für reine E-Autos mit Nettolistenpreis bis 40.000 Euro nur noch 4500 Euro Umweltbonus (bisher 6000 Euro) und für E-Autos mit Nettolistenpreis zwischen 40.000 und 65.000 Euro nur noch 3000 Euro (bisher 5000 Euro). Teurere Fahrzeuge erhalten weiterhin keine Förderung. Zum 1.9. wird die Förderung zudem auf Privatpersonen beschränkt. Plug-in-Hybridfahrzeuge erhalten ab 1. Januar 2023 gar keine Förderung mehr. Beantragt werden kann der Umweltbonus wie bisher auch erst nach Zulassung des Fahrzeugs. Das ist bei den aktuellen Lieferzeiten durchaus ein Faktor – 2024 ist eine weitere Kürzung der Förderung geplant.
Gelber Schein für Krankschreibung fällt weg
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf gelbem Papier, der berühmte "Gelbe Schein", fällt weg. Ab 1. Januar 2023 müssen Arbeitgeber bei Krankschreibungen ihrer Mitarbeiter die Daten elektronisch bei den Krankenkassen abrufen. Dorthin übermitteln die Arztpraxen ihrerseits die Krankschreibung, auch das muss der Versicherte nicht tun. Erkrankte Beschäftigte müssen ihren Ausfall aber dennoch unverzüglich dem Arbeitgeber mitteilen. Auch einen Zettel aus Papier erhält man weiterhin in der Arztpraxis – aber nur für die eigenen Unterlagen.
Krankenkassen erhöhen Zusatzbeiträge
Die Finanzlage der Gesetzlichen Krankenversicherung ist angespannt. Daher erhöhen viele Kassen 2023 den Zusatzbeitrag (hier finden Sie alle Kassen im Überblick). Im Schnitt erwartet der GKV-Spitzenverband eine Erhöhung um 0,2 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent. Verbraucher aufgepasst: Bis Mitte 2023 müssen die Kassen ihre Versicherten nicht persönlich über Beitragserhöhungen informieren, es reicht ein Hinweis auf der Webseite. Im Falle einer Erhöhung haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht bis zum Ende des Monats, in dem der Beitrag erhöht wird. Wer bereits mindestens 12 Monate bei seiner alten Kasse ist, kann jederzeit wechseln. Es gilt eine Kündigungsfrist von zwei Monaten.
Arbeitslosenversicherung wird teurer
Beschäftigte müssen ab 1. Januar 2023 etwas mehr an die Arbeitslosenversicherung abdrücken. Der Beitragssatz steigt leicht von 2,4 auf 2,6 Prozent, wobei die Hälfte vom Arbeitgeber getragen wird. Etwas teurer wird es auch dadurch, dass die Beitragsbemessungsgrenze steigt.
Photovoltaikanlagen werden attraktiver
Eigentümer von Solaranlagen können sich über bürokratische Erleichterungen freuen. Rückwirkend zum 1. Januar 2022 entfällt für PV-Anlagen bis 30 kWp Leistung die Einkommenssteuer. Bei Mehrfamilienhäusern sind 15 kWp je Wohn- und Gewerbeeinheit steuerfrei (maximal 100 kWp). Zudem wird 2023 die Umsatzsteuer beim Kauf solcher Photovoltaikanlagen komplett gestrichen. Die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) enthält noch weitere Änderungen für den Betrieb, etwa den Wegfall der Regelung, dass nur maximal 70 Prozent des erzeugten Solarstroms ins öffentliche Netz eingespeist werden darf.
Rauchen wird teurer
Die Tabaksteuer steigt zum 1. Januar 2023. Sofern die Hersteller die Kosten weitergeben, kostet eine Packung mit 20 Zigaretten im Schnitt zehn Cent mehr. 2025 und 2026 kommen dann nochmal jeweils 15 Cent obendrauf. Auch für Wasserpfeifentabak steigt 2023, 2025 und 2026 die Tabaksteuer. Liquids für E-Zigaretten werden seit Juli 2022 besteuert, die nächste Liquidsteuererhöhung steht Anfang 2024 an.
Neues Tierhaltungslabel für Schweinefleisch
Im Laufe des Jahres 2023 soll eine neue staatliche Tierhaltungskennzeichnung für Schweinefleisch eingeführt werden. Verbraucher im Supermarkt sollen dann anhand eines fünfstufigen Labels (Stall, Stall+Platz, Frischluftstall, Auslauf/Freiland und Bio) erkennen können, wie die Schweine gehalten wurden. Das Label gilt zunächst nur für unverarbeitetes Fleisch und nur für Schweine, die in Deutschland gehalten werden. Geplant ist, die Kennzeichnungspflicht später auf Geflügel und Rindfleisch auszuweiten, sowie auf verarbeitete Produkte und die Gastronomie.
Mehrwegverpackungen für Lieferessen und Essen to go
Ab 1. Januar 2023 sollen Restaurants Essen und Getränke für unterwegs nicht mehr nur in Einweg- sondern auch in Mehrwegverpackungen anbieten, wobei die Mehrwegvariante nicht teurer sein darf. Es darf aber ein Pfand erhoben werden. Die Regelung soll auch für Liefer-Essen gelten. Ausgenommen sind kleine Imbisse und Kioske mit fünf oder weniger Beschäftigten, diese müssen aber auf Wunsch von Kunden mitgebrachte Behältnisse befüllen. Die Mehrwegpflicht gilt für Kunststoff – darunter fällt auch der beschichtete Coffee-to-go-Becher, nicht aber der Pizzakarton.
Ende von Energiesparlampen mit Quecksilber
Vor zehn Jahren ersetzten die „Energiesparlampen“ die herkömmliche Glühbirne. Nun stehen die Leuchtstofflampen, die giftiges Quecksilber enthalten, selbst vor dem Aus. Ab 25. Februar 2023 gilt ein EU-weites Produktionsverbot für Kompaktleuchtstofflampen mit Stecksockel und Leuchtstofflampen in Ringform. Ab 25. August 2023 dürfen auch Leuchtstofflampen in Röhrenform nicht mehr hegestellt werden. Die Zukunft gehört modernen LED-Lampen, die ohne Quecksilber auskommen.
Verbot von Tattoofarbe
Bereits im Januar 2022 wurden mehr als 4000 gefährliche Chemikalien in Tätowierfarbe und Permanent Make-up beschränkt oder verboten. Am 4. Januar 2023 läuft die Übergangsfrist für zwei weitere Tattoo-Farbstoffe aus: „Pigment Blue 15:3“ und „Pigment Green 7“ sind dann auch verboten.
Neue Sammelklage für Verbraucher
Ab 25. Juni 2023 soll eine neue Klagemöglichkeit Verbrauchern zu ihrem Recht verhelfen. Die EU-Verbandsklage ermöglicht es Verbraucherzentralen und ähnlichen Einrichtungen, direkt Schadensersatz oder Rückzahlungsansprüche für betroffene Verbraucher einzuklagen. Bisher können Verbraucherschützer im Rahmen von Musterfeststellungsklagen nur Rechtsfragen grundsätzlich klären, woraufhin jeder individuell selbst sein Recht einklagen muss.
Quellen: Verbraucherzentralen / Bundesregierung / Deutscher Mieterbund / ADAC