Nach der Entscheidung für eine Fusion von VW und Porsche geht das Ringen um die Macht in dem Autoimperium in eine neue Runde. Innerhalb von vier Wochen soll die neue Struktur ausgehandelt werden. Nach Beratungen der Porsche-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch am Mittwoch blieb zunächst weiter unklar, ob das neue Unternehmen von Wolfsburg oder von Stuttgart aus geführt werden soll. Auch wer in dem neuen Konzern das Sagen haben wird, blieb offen.
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer geht davon aus, dass nun wieder mehr Ruhe bei den beiden Herstellern einkehrt. Alle Beteiligten müssten nun lernen, in Koalitionen auf Augenhöhe zu arbeiten. "Einen König gibt es in dieser Gruppe nicht mehr" - auch wenn sich die Macht nun wieder etwas zu VW nach Wolfsburg verschoben habe.
Wie aus informierten Kreisen zu hören war, gab es in den vergangenen Monaten erhebliche Differenzen zwischen dem VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und seinem Vetter Wolfgang Porsche, der dem Porsche-Aufsichtsrat vorsitzt. Das bereits seit mehreren Jahren andauernde Zusammenrücken von Porsche und VW wurde von vielen Konflikten begleitet.
Von Gewerkschaftsseite stößt die geplante Fusion auf vorsichtige Zustimmung. Der IG-Metall-Sekretär und Aufsichtsratsvize von Porsche, Hans Baur, sagte am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin", hier entstehe ein "neuer, schlagkräftiger Industriekonzern".
"Es gibt keine Alternative dazu, dass wir uns nun gemeinsam auf den Weg machen, eine neue Konzeption aufzulegen", so Baur weiter. Über einen möglichen Arbeitsplatzabbau in dem neuen Konzern mache er sich keine Sorgen. Die Schnittmengen in der Produktpalette seien "sehr gering".
Wulff offen für Gespräche mit allen Beteiligten
Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff erklärte sich zu Gesprächen mit allen Beteiligten bereit. "Es bietet sich damit die Chance, dass die Erfolgsgeschichten von Volkswagen und Porsche gemeinsam in die Zukunft fortgeschrieben werden", erklärte der CDU-Politiker. Das Land ist nach Porsche zweitgrößter VW-Aktionär und verfügt aufgrund des VW-Gesetzes mit einem Aktienanteil von gut 20 Prozent über eine Sperrminorität.
Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger begrüßte die Einigung der Familiengesellschafter. Das Land werde auch in Zukunft ein guter Partner für Porsche und den integrierten Konzern sein, sagte ein Sprecher des CDU-Politikers. Skeptisch äußerte sich der VW-Konzernbetriebsrat. Ob die Gespräche zu einem Ergebnis führen würden, sei offen, erklärte Betriebsratschef Bernd Osterloh. "Für uns ist entscheidend, dass die Rechte und Anliegen unserer 360.000 Kolleginnen und Kollegen uneingeschränkt gewahrt bleiben."
Porsche hält derzeit knapp 51 Prozent an VW und strebte die Marke von 75 Prozent an - hatte sich jedoch bei Aktienkäufen mit Milliardenschulden finanziell übernommen. Der Porsche-Konzern wird von den Familien Porsche und Piëch kontrolliert, die am Mittwoch die Entscheidung über die Zusammenlegung in einem "integrierten Autokonzern" trafen. Die zehn Marken des neuen Unternehmens sollen eigenständig bleiben, hieß es. Nähere Details gab es zunächst nicht.
Winterkorn und Wiedeking - ein gutes Team?
Sowohl VW-Chef Martin Winterkorn als auch Porsche-Lenker Wendelin Wiedeking seien sehr wichtig für den neuen Konzern, betonte Dudenhöffer. "Winterkorn kann technisch ausgefeilte Autos entwickeln und Wiedeking dafür sorgen, dass sie bezahlbar bleiben." In den vergangenen Wochen war wiederholt darüber spekuliert worden, dass Wiedeking seinen Posten verlieren könnte.
Bei der Neugestaltung des Autoverbunds müssen den von Vorständen beider Unternehmen erarbeiteten Vorschlägen dann noch die Aufsichtsräte und außerordentliche Hauptversammlungen von Porsche und VW zustimmen. Verschmolzen werden sollen die Porsche SE und die Volkswagen AG.