Der französische Kosmetikkonzern L'Oréal plant nach einem Bericht der britischen Zeitung »Independent« ein 13 Milliarden Euro teueres Übernahmeangebot für den Hamburger Konkurrenten Beiersdorf. Das Angebot solle in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf L'Oréal-Kreise.
Hervorragende Ergänzung
Beiersdorf würde mit seiner wichtigsten Marke Nivea das Produktangebot von L'Oréal, das sich überwiegend auf den Haarmarkt konzentriert, hervorragen ergänzen, schreibt die Zeitung mit Hinweis auf Analysten. Im Falle einer Übernahme würde L'Oréal dem Bericht zufolge sich von einigen Beiersdorf-Segmenten wie beispielsweise dem Verbands- oder Pflastersegment trennen.
Allianz will Anteile verkaufen
Größter Beiersdorf-Einzelaktionär ist der Versicherungsriese Allianz mit mehr als 40 Prozent. Rund 30 Prozent liegen in den Händen von Tchibo. In der Vergangenheit gab es immer wieder Spekulationen, dass Tchibo die Anteile der Allianz übernehmen wolle. Der Finanzkonzern selbst hatte angekündigt, sich mittelfristig von allen Industriebeteiligungen trennen zu wollen. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 10 Milliarden Euro ist Beiersdorf der schwerste MDAX-Wert und gilt als aussichtsreicher Kandidat für einen Aufstieg in den Deutschen Aktienindex.
»Uns ist seit Freitag nichts Neues bekannt«, sagte ein Beiersdorf-Sprecher am Montag in Hamburg. Zudem gehe er davon aus, dass der Beiersdorf-Großaktionär Allianz das Unternehmen über einen möglichen Abschluss informieren würde.
Mitte April hatte es aus Kreisen geheißen, die Allianz verhandele mit mehreren Interessenten über den Verkauf dieses Anteils. Zudem hatte im März die Tchibo-Holding Interesse an der Aufstockung ihres Beiersdorf-Anteils von derzeit knapp über 30 Prozent bekundet. Eine Sprecherin der Allianz wollte den Zeitungsbericht unterdessen nicht kommentieren.
Der mögliche Verkauf des Unternehmens an einen Konkurrenten wird von den Experten skeptisch gesehen. »Ich erwarte nicht, dass Beiersdorf an einen Wettbewerber veräußert wird«, sagt Aktienanalyst Michael Winkler von der WestLB Panmure. Denn ein neuer Großaktionär müsste sich mit der Familie Herz arrangieren, die ihre Beteiligung auf jeden Fall behalten will. Tchibo könnte jede wichtige Entscheidung blockieren, zum Beispiel den Verkauf von Unternehmensteilen. Dann aber wären auch die erhofften Synergie- Effekte nicht erreichbar, was wieder den Preis drücken würde.
Kartellrechtliche Probleme
Bei L'Oréal kämen kartellrechtliche Probleme dazu: In vielen Märkten, in denen Beiersdorf die Nummer eins ist, behauptet sich L?Oréal als Nummer zwei oder umgekehrt. Ohnehin soll es zwischen Allianz und L'Oréal keine ernsthaften Verhandlungen geben, sondern nur »Branchengeplauder«. Bei Beiersdorf selbst setzt der Vorstand wohl eher auf Tchibo und kommentiert die Marktgerüchte zurückhaltend. »Das L'Oréal ein Interesse an Beiersdorf hat, kann ich nicht beurteilen, es ist aber nicht unwahrscheinlich«, sagt Unternehmenssprecher Peter Nebel.
Analysten wie Winkler favorisieren eine dritte Variante, die allen Interessen am ehesten gerecht werden könnte. Danach verkauft die Allianz einen Teil ihrer Aktien an Tchibo, einen Teil bringt sie an die Börse und einen weiteren Teil behält sie selbst. Der Streubesitz an Beiersdorf würde damit steigen, und die Aktie wäre ein ernst zu nehmender Kandidat für den Aktienindex DAX. Damit wären weitere Kurssteigerungen möglich. Für die freien Aktionäre ist die brodelnde Gerüchteküche ohnehin ein steter Quell der Freude: Während weltweit die Aktienmärkte eingebrochen sind, hat sich der Kurs der Beiersdorf- Aktie in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt.