Vorstoß der EU-Kommission Banken sollen sich künftig selbst retten

Die EU-Kommission will ein europaweites Netz von Bankenrettungsfonds errichten. Finanzieren sollen es aber nicht die Steuerzahler, sondern die Geldinstitute selbst.

Europas Banken sollen Plänen der EU-Kommission zufolge künftig selbst für Pleitefälle in den eigenen Reihen aufkommen. Binnenmarktkommissar Michel Barnier legte am Mittwoch in Brüssel Vorschläge für nationale Insolvenzfonds vor, in die die Geldhäuser einzahlen sollen. "Es ist nicht akzeptabel, dass die Steuerzahler weiterhin die hohen Kosten für die Rettung des Bankensektors tragen sollen", sagte Barnier. Für die Banken müsse so wie im Umweltschutz künftig das Verursacherprinzip gelten.

Die Abgaben sollen auf ständiger Basis erfolgen und nicht erst im Fall einer Pleite. Die Gelder sollen auch nicht zum Herauskaufen eines bankrotten Geldhauses verwendet werden, dem sogenannten Bail-out. Damit solle vermieden werden, dass sich der Sektor in Sicherheit wiege und die Risikobereitschaft wieder steige, heißt es in dem Konzept.

EU befürchtet Wettbewerbsverzerrungen

Ziel des europäischen Fonds-Netzwerks ist es, einen Flächenbrand zu vermeiden, sollte eine Großbank Pleite gehen und das gesamte Finanzsystem gefährden wie im Fall des US-Konzerns Lehman Brothers im September 2008. Finanziert werden sollen beispielsweise Interims-Banken ("Bridge Bank") oder die Einrichtung einer "Bad Bank" für Schrottpapiere.

Die EU-Behörde beklagt, dass die Mitgliedstaaten bei der Bankenabgabe unkoordiniert vorgingen. Schweden führte das Instrument vergangenes Jahr ein. Die Bundesregierung hat eine Abgabe angekündigt. Die mangelhafte Absprache über deren Höhe und Erhebungsweise berge die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen unter den nationalen Bankenmärkten, mahnte die Kommission.

Vorschläge, wie genau die Abgaben erhoben werden, oder welche Größe die Abwicklungsfonds erreichen sollten, machte Barnier aber noch nicht. Die Behörde will zunächst eine Folgenabschätzung vornehmen, unter anderem, um die Verteuerung von Krediten inmitten der schweren Wirtschaftskrise zu vermeiden. Im Oktober sollen präzisere Gesetzesvorschläge folgen.

Die Kommission will die Pläne beim kommenden Gipfeltreffen der 20 wichtigsten Volkswirtschaften (G20) am 26. und 27. Juni in Toronto vorstellen. "Europa muss bei der Entwicklung gemeinsamer Standards die Führung übernehmen und ein Netzwerk-Modell entwickeln, das weltweit angewandt werden könnte", forderte Barnier. Für seine Vorschläge braucht er die Zustimmung der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments.

Berlin begrüßt Harmonisierungsbemühungen

Die Bundesregierung begrüßte den Vorstoß, die Bankenabgabe europäisch zu harmonisieren. Verzerrungen des Wettbewerbs müssten verhindert werden, erklärte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Michael Offer: "Wir sehen diesem Prozess mit Zuversicht entgegen."

Die Bankenbranche hat keine einheitliche Meinung zu der Abgabe. Die Privatbanken wehren sich gegen jede Form, während die Sparkassen für eine Finanztransaktionssteuer sind. Diese könne hochspekulative Finanzgeschäfte eindämmen und müssen von allen Marktteilnehmern gezahlt werden, argumentieren sie. Die Privatbanken warnen dagegen davor, dass dadurch Kredite und Anlageprodukte teurer werden. Einig sind sich die Geldhäuser darin, dass eine solche Abgabe international abgestimmt werden muss, um Wettbewerbsnachteile in Deutschland zu verhindern.

Die Europäische Zentralbank hatte davor gewarnt, mit einer neuen Abgabe den Banken zu große Lasten aufzubürden. Die EU-Kommission will bei ihrem Vorschlag die Effekte aller geplanten Bankenregulierungen wie zum Beispiel höheren Eigenkapitalanforderungen berücksichtigen. Es müsse vermieden werden, dass die Banken die Kreditversorgung der Wirtschaft einschränkten und damit die Konjunkturerholung gefährdeten.

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