Die freien Plätze im Gerichtssaal 141 in Braunschweig waren seit Tagen heiß begehrt - dort wollte sich am Donnerstag der von VW gefeuerte Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer vor dem Arbeitsgericht gegen seine Kündigung wehren. Doch das Gericht wies eine Kündigungsschutzklage Gebauers gegen Volkswagen ab. Gebauers Anwalt kündigte an, in Berufung zu gehen. Der 61-Jährige ist eine der Schlüsselfiguren im VW-Skandal um Lustreisen, Schmiergelder und Sexabenteuer für Betriebsräte. Gebauer sieht sich als Sündenbock in der Affäre, die seit Monaten Europas größten Autobauer erschüttert und sogar den langjährigen Personalvorstand und Kanzlerfreund Peter Hartz mit sich riss.
"Keine gütliche Einigung"
Um all die schlüpfrigen Details von Partys, Barbesuchen und Luxusreisen auf Firmenkosten, die Gebauer angeblich organisierte, um Betriebsräte bei Laune zu halten, ging es bei dem Verfahren jedoch nicht in erster Linie. Volkswagen hatte die fristlose Kündigung Gebauers vor allem mit dem Vorwurf der persönlichen Bereicherung begründet. "Eine gütliche Einigung in der Sache wird es nicht geben", hatte ein VW-Sprecher bereits im Vorfeld der Verhandlung gesagt und bekräftigte damit die Position des Unternehmens, die es bereits beim Gütetermin im August eingenommen hatte.
Volkswagen hatte Gebauer im Juni fristlos entlassen, wogegen Gebauer Klage eingereicht hatte. VW-Chefjurist Michael Ganninger sagte vor Beginn der Verhandlung, es sei unbestritten, dass Gebauer Privatreisen über VW abgerechnet habe. Zudem sei er an Machenschaften des Ex-Skoda-Personalchefs Helmuth Schuster beteiligt gewesen. Sie hätten das Weltunternehmen als Plattform genutzt, um über ein Netz von mindestens zehn Firmen in acht Ländern in die eigene Kasse zu wirtschaften, so Ganninger. Auch Schmiergeld in fünfstelliger Höhe sei an Gebauer gezahlt worden. Ferner habe er persönliche Ausgaben als dienstliche Spesen abgerechnet.
Betrug nur im Versuchsstadium
Die Gegenseite argumentierte, Gebauer müsse als Bauernopfer herhalten. In seiner Sonderstellung als Bindeglied zwischen Vorstand und Betriebsrat habe er nur auf Anweisung gearbeitet. Hartz selbst habe die Zahlungen angeordnet, ohne dass Belege vorlagen, aus denen der Zweck der Ausgaben hervorging. Die VW-Affäre hat Europas größten Autokonzern mindestens fünf Millionen Euro gekostet. Das hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Ende der vorigen Woche in ihrem Zwischenbericht festgestellt. Die Absicht, das Unternehmen über getarnte Beteiligungen in größerem Umfang zu betrügen, sei zwar nach bisherigen Erkenntnissen im wesentlichen im Stadium des Versuchs stecken geblieben.
Über so genannte Eigen- oder Ersatzbelege seien VW aber erhebliche Mittel entzogen worden. Gebauer habe in den vergangenen fünf Jahren Eigenbelege in Höhe von 939.000 Euro abgerechnet, stellten die Prüfer fest. Es gebe Belege dafür, dass er teilweise private Ausgaben für sich selbst und betriebsfremde Personen aus seinem Umfeld über VW abgerechnet habe, unter anderem für Reisen, Schmuck und Barbesuche.
Riesiger Imageschaden
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen Gebauer und Schuster wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs. Aber das ist ein anderes Verfahren. Sicher ist aber: Die Gerichtskosten - gleich wer sie am Schluss wird zahlen müssen - erscheinen mit unter eintausend Euro klein im Vergleich mit den Summen, um die es bei der VW-Affäre geht. Noch größer aber ist der Image-Schaden für den Wolfsburger Autobauer. VW-Chef Bernd Pischetsrieder wird deshalb auch nicht müde, rückhaltlose Aufklärung und weitgehende Konsequenzen zu versprechen. Er wird noch mehr Gelegenheiten dazu haben.