Lüneburger Heide In Unterlüß baut Rheinmetall Panzer. Viele macht das stolz. Aber nicht alle

  • von Lutz Meier
Fertiger Leopard 2 für die Ukraine vor der Werkshalle, Rheinmetall Werk, Unterlüß
Dieser Panzer vom Typ Leopard 2 war im Gebrauch bei der Bundeswehr und wird jetzt bei Rheinmetall für den Ukraine-Einsatz fit gemacht
© Nikita Teryoshin / Capital
Hier knallt's! In Unterlüß wurden schon Waffen für zwei Weltkriege gebaut, nun produziert Rheinmetall hier Panzer und Munition für die Ukraine und die Bundeswehr. 

Als es kracht, zuckt die Passantin nur kurz mit den Augen. Ihre Hunde seien auch laut, sagt sie und zockelt mit ihnen an der Leine weiter über die frisch gepflasterte Berliner Straße in Unterlüß. "Wir merken das gar nicht mehr", erzählt Kurt Wilks, der langjährige Bürgermeister des Örtchens in der Lüneburger Heide. Daran erkenne man Auswärtige und Neulinge: Sie merken bei Detonationen auf.

Die Bürger von Unterlüß haben sich über die Jahrzehnte an einiges gewöhnt. An Kanonendonner sowieso. Seit 125 Jahren unterhält die Waffenfirma Rheinmetall hier ein Testgelände für Kampfmittel und Panzerfahrzeuge, das sich etwa 15 Kilometer nach Norden zieht, wenn weit geschossen wird, muss die Bundesstraße 71 gesperrt werden. Kaum war das Testgelände in Betrieb, fing man auch an, das Kriegsgerät hier zu bauen. Auf dem Firmengelände am Erprobungszentrum sieht man Hallen, die im Zweiten Weltkrieg hochgezogen wurden. Am Rand steht eine für die hiesigen Verhältnisse üppige Villa aus der Anfangsära, sie wurde gebaut, nachdem man den Ersten Weltkrieg ausgerüstet hatte. Hier serviert Rheinmetall Besuchern heute Kohlrabischaumsüppchen und Königsberger Klopse.

Unterlüß, dessen Schicksal an der größten deutschen Waffenschmiede hängt, ist von Kriegen und Rüstung geprägt wie kaum ein anderer Ort. Von hier kam Nachschub für die Weltkriege, hier gingen alliierte Bomben nieder. Kurz haben sie nach 1945 auf die Herstellung ziviler Produkte umgestellt, um dann doch in den Jahren des Kalten Krieges mit der Wiederbewaffnung erneut groß zu werden. Der Mauerfall beendete den Aufschwung. Aber seit Russland die Ukraine überfiel, steht der Ort im Zentrum der Zeitenwende. 

Erschienen in stern 17/2024

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