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Neun Sanktionspakete, Einfuhrverbote für russisches Rohöl auf dem Seeweg und Preisobergrenzen: Seit Beginn des Krieges in der Ukraine versucht der Westen, die russische Wirtschaft für den völkerrechtswidrigen Krieg zu bestrafen. Doch die große Wirkung scheint auszubleiben. Ein Grund dafür könnten riesige Schlupflöcher sein: Eine neue Analyse zeigt, wie sich in der Türkei und Indien eine "Hintertür" für russische Ölexporte bildet.
Medienbericht: Ölmultis umgehen Sanktionen
Zwar sind seit Beginn des Krieges die Ölexporte aus Russland in westliche Länder zurückgegangen. Raffinerien in Indien und der Türkei haben dafür ihre Einfuhren aus Russland im vergangenen Jahr erhöht, wie die britische Zeitung "Guardian" berichtet. Wie Daten aus einer Studie der NGO Global Witness zeigen, importierte die Türkei im vergangenen Jahr 143 Millionen Barrel Rohöl aus Russland. Das entspricht einem Anstieg um 50 Prozent im Vergleich zu 2021.
Diese angestiegenen Einfuhren könnten über den Umweg Türkei oder Indien auch nach Europa gelangen. Wie der "Guardian" berichtet, gibt es zwar keine Beweise, dass die Produkte direkt aus russischem Rohöl stammen. Doch der Global Witness-Studie zufolge werden zumindest große Mengen Öl aus Russland in die Türkei importiert – dort sofort raffiniert oder mit Rohöl aus anderen Ländern gemischt. Laut der Analyse hat der Ölkonzern Shell seit dem 5. Dezember, als die EU ein Einfuhrverbot für russisches Rohöl auf dem Seeweg verhängt hat, insgesamt mehr als 600.000 Barrel Raffinerieprodukte aus türkischen Raffinerien in die Niederlande geordert.
Von der Türkei nach Europa
Wie wahrscheinlich es ist, dass russisches Rohöl aus der Türkei nach Europa importiert wird, zeigt auch das Beispiel des türkischen Unternehmens Star. Die Raffinerie dominierte dem "Guardian" zufolge in der Türkei den Handel mit Russland. Im Jahr 2022 bezog die Firma mehr als 60 Millionen Barrel Rohöl aus Russland, was 73 Prozent ihrer Einfuhren entspricht. Eine zweite Raffinerie in der türkischen Stadt Izmit verarbeitet ebenfalls Rohöl aus russischer Herkunft. Vitol, der weltweit größte unabhängige Energiehändler, bezog seit Beginn des Krieges in der Ukraine 2,77 Millionen Barrel aus diesen beiden Raffinerien zur Lieferung an Lettland, Zypern und die Niederlande.
Das sind die größten Verlierer der westlichen Sanktionen

Der ehemalige Besitzer der FC Chelsea ist der Prototyp eines russischen Oligarchen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nutzte er seine Kontakte in die Politik und konnte ein verzweigtes Firmenimperium aufbauen, indem er ehemals staatliche Unternehmen aufkaufte. Reich wurde Abramowitsch vor allem mit dem Ölkonzern Sibneft, an dem er zeitweise 80 Prozent der Aktien hielt. Hinzu kamen Beteiligungen am Aluminiumkonzern Rusal und der Fluggesellschaft Aeroflot. Von 2000 bis Juli 2008 war er Gouverneur der russischen Region Tschukotka. Einen Großteil seiner Unternehmensanteile verkaufte er Anfang der 2000er Jahre – unter anderem an den halbstaatlichen Konzern Gazprom.
Seit dem 5. Dezember hat die EU fünf Millionen Barrel Raffinerieprodukte aus der Türkei importiert, so der "Guardian". Im gesamten vergangenen Jahr waren es demnach 20 Millionen Barrel aus Raffinerien, die russisches Öl verarbeiten. Allein die Firma Star exportierte 2022 17 Millionen Barrel Raffinerieprodukte in die EU.