Über 6.000 Fans hatten die weite Reise vom Fünften Kontinent nach England gewagt, in Melbourne verfolgten Tausende die Veranstaltung per Public Viewing und das weit nach Mitternacht. Golfstar Lee Westwood twitterte den ganzen Nachmittag über. Der Grund hierfür? Ein Fußballspiel? Rugby? Oder sollte etwa ein Australier den englischen Thron besteigen? Nein, ein Viebeiner, Black Caviar, das schnellste Pferd der Welt, zog die Massen in seinen Bann.
Fünfzehn Pflichtspiele in Folge hat die deutsche Nationalmannschaft seit dem Erfolg über Griechenland gewonnen. 6.000 nach England gekommene Australier haben dafür nur ein höfliches Lächeln übrig. Ihr Liebling Black Caviar, weswegen sie die weite Reise angetreten hatten, feierte in Ascot am Nachmittag Triumph Nummer 22 in Folge. Der Superstar des Fünften Kontinents bleibt somit in seiner Rennkarriere ungeschlagen.
Erster Start in Europa für Black Caviar
Die Besitzer hatten keine Kosten und Mühen gescheut, um das beste Sprintpferd der Welt nach Europa zu transportieren. Satte 120.000 Euro wurden investiert. Die Stute wird neben einem Tierarzt und einem eigenen Hufschmied auch von einem Chiropraktiker begleitet.
Wer in Deutschland nach Black Caviar fragt, wird meist ein Kopfschütteln ernten, denn nur in Expertenkreisen kennt man die fünfjährige Stute. Das ist in Australien ganz anders. Es gibt kein wichtiges dortiges Sprintrennen, welches von ihr noch nicht gewonnen wurde. Facebookeinträge, ein Twitteraccount und natürlich eine eigene Webseite unterhalten Millionen von Fans.
Diese Marketingaktivitäten waren natürlich ein Grund, erstmals den Sprung auf den Alten Kontinent zu wagen. In Großbritannien haben die Erfolge aufhorchen lassen und so hatten sich die Besitzer ausgerechnet die wichtigste Rennwoche in England Royal Ascot, als Rahmen ausgesucht. Die seit über 300 Jahren stattfindende Veranstaltung, die einst von Queen Ann ins Leben gerufen wurde, zählt zu den absoluten gesellschaftlichen Highlights des Königreichs.
Dramatisches Finish
Über 80.000 Zuschauer waren schließlich in Ascot am Schlusstag erschienen, um Black Caviar bei den Diamond Jubilee Stakes zu sehen. Sie sollten nicht enttäuscht werden. Ein schon in der Start Box lächelnder Luke Nolen, der die Stute bisher bei fast allen ihren Siegen geritten hatte, strahlte großen Optimismus aus.
Black Caviar erwischte einen guten Start, lag nach etwa der Hälfte des Sprints über 1.207 Meter vorne. Während ein sehr gutes Pferd an die 30 Galoppsprünge auf 200 Metern benötigt, sind es beim australischen Superstar gerade einmal 24. Der erfahrene Nolen war sich des Sieges sicher und beschränkte sich darauf entspannt Richtung Ziellinie zu reiten, ohne Black Caviar weiter zu fordern.
In diesem Moment wurde es dramatisch. Die Fans schrien sich ihre Seelen aus dem Hals und verfolgten gebannt den Einlauf. Der aus Frankreich angereiste Moonlight Cloud holte auf den letzten Metern gewaltig auf und überquerte die Ziellinie an der Seite des plötzlich schlagbar erscheinenden Superstars. Das Zielfoto musste entscheiden.
Lee Westwood ist von einem anderen Pferd noch beeindruckter
Vor allem Nolen atmete auf. Eine dann doch erfolgte letzte Aufforderung an Black Caviar reichte, damit diesen ihren Kopf vor der Konkurrenz über die Ziellinie streckte. Nach dem Rennen entschuldigte sich der Jockey für seinen Fehler das Finale unterschätzt zu haben, doch die Klasse von Black Caviar habe den Sieg gerettet.
Knapp über 280.000 englische Pfund gab es zur Belohnung und den Siegerpokal direkt aus den Händen von Queen Elisabeth II. Die Gewinnsumme der Stute beträgt nun über vier Millionen Euro.
Lee Westwood hatte das alles aufmerksam verfolgt und einen Schluss gezogen, der die englischen Fans optimistisch stimmen sollte. Denn auch sie haben ein Pferd, welches zur Legende werden könnte.
Der bei elf Starts ebenfalls noch ungeschlagenen Frankel hatte zu Beginn der Rennwoche hoch überlegen mit elf Längen Vorsprung die Queen Ann Stakes gewonnen. Westwood meinte trocken, dieser Sieg hätte ihn noch mehr beeindruckt.
In Deutschland steht in acht Tagen das Deutsche Derby an. Vielleicht wird auch dort ein Grundstein für eine große Karriere gelegt. Haushoher Favorit ist der in vier Rennen ungeschlagene Novellist.
Uwe Toebe