Ende November beginnt die wohl umstrittenste Fussball-Weltmeisterschaft der vergangenen Jahrzehnte. Gastgeber ist der Wüstenstaat Katar, schon seit Jahren gibt es immer wieder negative Berichte über die Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter, die Missachtung der Rechte von LGBTQI+-Personen und erschwerte Bedingungen für unabhängige Berichterstattung. Auch auf Besucher:innen der Weltmeisterschaft, die sich zum Jahresende auf den Weg machen, kommen problematische Eigenheiten dieses Turniers zu.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Norwegen "NRK" berichtet, dass die Apps, die man zwingend zur Einreise ins Land benötigt, im Grunde von einem Trojaner kaum zu unterscheiden seien. Nach einer genauen Analyse der Apps "Ehteraz" und "Hayya" kam Øyvind Vasaasen, IT-Experte der "NRK" zu dem Schluss, dass er deshalb niemals sein Smartphone nach Katar mitnehmen würde.
Tickets und Corona – aber auch mehr
Dabei ist der eigentliche Nutzen der Apps durchaus praktisch: "Ehteraz" ist eine Corona-App, die eigentlich zur Kontaktverfolgung gedacht ist. "Hayya" verwaltet Stadion-Tickets und dient als Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr. Leider steckt aber weitaus mehr hinter den Apps – insbesondere im Fall von "Ehteraz".
So frage die App schon bei der Installation nach weitreichenden Rechten für das Smartphone, die deutlich über das nötige Maß hinausgehen. Um korrekt zu funktionieren, benötige "Ehteraz" die Möglichkeit, sämtliche Dateien auf dem Smartphone lesen und verändern zu können, Zugang zum kabellosen Internet und Bluetooth und das Recht, andere Apps außer Kraft zu setzen. Außerdem wolle die App den Schlafmodus deaktivieren.
Doch das reiche für "Ehteraz" noch nicht. Die App wolle außerdem die exakte Position des Smartphones orten können, Anrufe tätigen und sogar den Sperrbildschirm deaktivieren.
Die "Hayya"-App sei nicht ganz so schlimm, habe aber auch kritische Eigenschaften, berichtet "NRK". Sie soll danach fragen, Daten weitergeben zu dürfen, die exakte Position orten zu dürfen und den Schlafmodus des Geräts überschreiben zu können.
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Big Brother in der Hosentasche
Das vernichtende Fazit lautet daher, dass die Apps in der Lage seien, die Inhalte des gesamten Smartphones zu verändern und die Kontrolle über alle Daten zu haben. Dabei verstecken die Entwickler der App das nicht einmal. Es heißt, in den AGB stünde exakt drin, dass man den Personen hinter den Apps die Möglichkeit gibt, das Gerät vollständig zu überwachen, auszulesen und Daten beliebig zu verändern. Das sei, so "NRK", als gebe man einer beliebigen Person den Schlüssel zum eigenen Zuhause, ohne zu wissen, was sie vorhat.
Die Experten werfen Katar nicht vor, de facto eine solche Übernahme der Geräte zu planen, benennen aber das deutliche Risiko, dass es möglich wäre. Auch Rechtsexperten bewerten das als äußerst kritisch und erklären, dass die Software viel zu viele Rechte einfordere und sich äußerst übergriffig verhalte. Das eigene Smartphone, so auch hier das Fazit, sollte auf keinen Fall mit zur Weltmeisterschaft.
Die WM in Katar ist damit schon das zweite sportliche Großereignis in diesem Jahr, bei dem man besser das eigene Handy zuhause lassen sollte. Auch bei den Olympischen Winterspielen in China warnten Experten vor der App "My2022", die sich ebenfalls tief in die privaten Bereiche der Handys eingraben konnte.