Er galt als durstig und dreckig. Im künftigen RX-8 soll der Wankelmotor endlich perfekt sein.
Der Mann nahm das Anliegen seines Chefs sehr wörtlich. Mazda-Präsident Mark Fields hatte seinen leitenden Motoreningenieur Nobuhiro Hayama gebeten, ihn beim so genannten Rotationskolbenmotor auf den neuesten Stand der Entwicklung zu bringen. Als der Obertüftler und drei seiner Kollegen daraufhin das Büro ihres Chefs im zweiten Stock der Hauptverwaltung betraten, hatten sie die Arme voller Triebwerkteile und breiteten sie auf Fields' hellem, poliertem Holzschreibtisch aus. »Hayama erklärte mir die Funktionsweise im Detail und auch, wie seine Mannschaft die Probleme, die der Motor bislang machte, gelöst hatte.«
Dann fragte Fields Hayama, ob er ihm versichern könne, dass der Motor in puncto Sparsamkeit, Abgaswerte und Herstellungskosten konkurrenzfähig sein würde, wenn er in Serie ginge. »Er sah mich an und sagte mit der Hand auf dem Herzen, dass sie dazu fähig wären.«
Faszinierender Imageträger
Das reichte, um den Präsidenten zu überzeugen: »Wenn Japaner so eine Garantie abgeben«, sagt Fields, »dann ist es ein wahres Versprechen.« Falls Hayama Recht behält, wird man ihm bei Mazda wohl ein Denkmal setzen. Denn der Autoproduzent, der hauptsächlich für seine biederen Familienkutschen bekannt ist, braucht dringend einen faszinierenden Imageträger.
Längst verblasst ist der Triumph von 1991, als ein Wankelmotor-Mazda das 24-Stunden-Rennen von Le Mans gewann.
Da würde ein High-Tech-Leckerbissen wie der RX-8 prima ins Konzept passen. Für die Controller bei Mazda ist dieses Auto allerdings ein Albtraum. Denn es gibt kaum ein wichtiges Teil an ihm, das man aus Kostengründen von einem anderen Modell übernehmen könnte. Sogar eine teure Plattform muss neu entwickelt werden. Ganz zu schweigen von seinem exotischen Kreis-
kolbenmotor - der galt nämlich bisher als Säufer und Dreckschleuder.
Hinter der Vorderachse
Doch ohne den Motor, der auf einen Entwurf des 1988 verstorbenen Felix Wankel zurückgeht und deshalb hierzulande auch meist Wankelmotor genannt wird, wäre ein Design wie das des RX-8 gar nicht möglich. Da das 250-PS-Triebwerk kaum größer als eine Cola-Kiste ist, kann es hinter der Vorderachse installiert werden, was den Designern erlaubte, eine kurze und flache Sportwagenfront zu entwerfen. So ist der Prototyp des Autos immerhin 15 Zentimeter kürzer als ein Dreier-BMW, dennoch bleibt Platz für vier Erwachsene. Und dank der »Freestyle«-Türen, die ohne Mittelpfosten auskommen, soll auch das Einsteigen ganz bequem sein. Weil dadurch etwas an Stabilität verloren geht, verstärkten die Ingenieure die Karosserie mit einer Art Rückgrat tief in der Wagenmitte. Der Kofferraum soll immerhin 300 Liter groß sein.
Chefsache
Kommt der RX-8 wie geplant im Jahr 2003 und zu einem Preis von rund 75000 Mark auf den Markt, werden vor allem die Verbesserungen am Motor über seinen Erfolg entscheiden. Sonst wird sich der optimistische Ingenieur Hayama wohl mit einem Samuraischwert entleiben müssen. Denn so begeisternd der kleine, turbinenartig hochdrehende Wankelmotor auch ist - er hatte bislang jede Menge Schwächen. Wenn sich in den sechziger Jahren, so die Legende, zwei Fahrer des ebenfalls wankelgetriebenen Ro 80 grüßten, konnten sie an der Zahl der erhobenen Finger erkennen, wie viele Motorschäden der andere schon erlebt hatte. Nur Mazda verkauft bis heute Wankel-Autos, zuletzt allerdings nur noch in Japan.
Fields hat den neuen Wankel-Sportwagen jetzt zur Chefsache erklärt. Um zu unterstreichen, wie ernst er es meint, ließ er sogar Fotos des RX-8 auf seine Visitenkarten drucken. Nur den Aufsichtsrat muss er noch von dem Projekt überzeugen. Die Entscheidung fällt in ein paar Wochen.
Wenn Felix Wankel nur wüsste, dass seine Erfindung immer noch so einflussreiche Fans wie Mark Fields und Nobuhiro Hayama hat. Er würde im Grab rotieren wie die Drehkolben in seinen Motoren. Vor Freude.
Von Frank Warrings