Viele der etablierten Autohersteller haben den Einstieg in die Elektromobilität verschlafen. In den letzten fünf bis sieben Jahren wurden sie oftmals von Start Ups wie Tesla eiskalt erwischt. Allein Nissan mit seinem Leaf oder BMW mit seinem allemal mutigen i3 waren vorne mit dabei; verloren aufgrund mäßiger Nachfrage jedoch den Druck, noch stärker auf Elektroautos zu setzen. Mittlerweile hat sich das Blatt gewandelt und kaum ein Hersteller setzt noch auf Verbrenner. Um Zeit bei der Entwicklung zu sparen, wurde so manches als reines Verbrennerfahrzeug geplante Modell mit einem Elektromotor versehen. So hatte vor mehr als zehn Jahren auch Tesla angefangen und einen Lotus Roadster zum Elektro-Spaßmobil gemacht.
Fahrzeuge erscheinen im speziellen Elektrodesign
Doch so richtig glücklich wurden die Hersteller mit diesen Autos im Conversion Design nicht. Und da die mobile Elektrisierung ohnehin nicht mehr aufzuhalten ist, entscheiden sich immer mehr Hersteller, Fahrzeuge im speziellen Elektrodesign zu konzipieren, um so auch bei der Paketierung die Vorteile nutzen zu können. Elektrofahrzeuge im sogenannten Purpose Design basieren auf einer ausschließlich auf die Besonderheiten eines Elektrofahrzeugs zugeschnittene Plattform. Hierbei wird das Fahrzeug um das Akkupaket herumentwickelt. Das bietet viele Chancen, ist aber teuer. Bis es so weit ist, werden auch Conversion-Modelle noch eine Weile im Markt mitmischen. Die Analysten von Jato Dynamics haben sich deren Zulassungen einmal genau angesehen und die Marktlage analysiert.
Aktuell sind in Europa nur der Citroen C4, der DS 3 Crossback, der beliebte Fiat 500, Hyundais Kona Mini, die Opel-Modelle Corsa, Mokka und Zafira, die Peugeots 208, 2008 und Traveller, der Renault Twingo, die Toyota-Modelle Proace und Verso sowie der Volvo XC 40 sowohl als Verbrenner als auch mit rein batterieelektrischem Antrieb im Angebot.
Von den genannten Modellen hat der Absatz der Elektrovariante bis Ende vergangenen Jahres stetig zugenommen und ihr Anteil pendelt seitdem um die 30 Prozent. Seit Februar letzten Jahres werden einige davon auch als Mild-Hybride angeboten. Die MHEVs verfügen über eine 48-Volt-Batterie zur elektrischen Unterstützung des Verbrennungsmotors, wodurch Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen sinken. Ein besonders beliebter Kleinwagen mit Mild-Hybridantrieb ist der Fiat 500, dessen Verkaufsanteil bei 57 Prozent liegt. Die BEV-Modelle machen 40 Prozent aus und nur noch drei Prozent entfallen auf den reinen Verbrenner. Auch beim Hyundai Kona geht der Trend zum Elektromodell. Durchschnittlich 67 Prozent aller Kona-Zulassungen im Jahr 2021 entfielen auf die BEV-Variante. Der Rest verteilt sich auf Benziner (15 Prozent), Hybrid (8 Prozent) und Mild-Hybrid (10 Prozent).
Volkswagen setzt bei Elektromobilität auf ID-Familie
Etwas anders sieht es bei Branchenprimus Volkswagen aus. In der vergangenen Modellgeneration wurde der VW Golf sowohl als Verbrenner und ab 2014 auch als Elektromodell angeboten. Mittlerweile ist der Golf ein reiner Verbrenner, der ergänzend als Plug-In-Hybride angeboten wird. Die Position des Elektroantriebs kommt seit längerem der ID-Familie und hier speziell dem Golf-Pendant ID.3 zu. Im Vergleich zu den oben genannten Fahrzeugen sieht die Sache beim VW Golf - zumindest auf den ersten Blick - etwas anders aus. Der e-Golf konnte seine Brüder mit Verbrennungsmotor prozentual betrachtet nicht so stark verdrängen, wie dies bei anderen Herstellern der Fall war. Allerdings: Bis Juli 2020 verkaufte sich der Elektro-Golf besser als alle anderen BEV-Modelle dieses Vergleichs zusammen. Und diesen starken Auftritt scheint der ID.3, das erste als reines Elektromobil entwickelte VW-Modell, weiterzuführen. Weitere Modelle, die ausschließlich als BEV-Variante angeboten werden, wie die Teslas, Renault Zoe, Nissan Leaf oder die Mercedes EQ-Modelle, blieben für diesen Vergleich unberücksichtigt.
Dennoch ist beeindruckend, dass in fast jedem Monat eines der BEV-Modelle von Volkswagen der Spitzenreiter in diesem Vergleich war. Lediglich der Hyundai Kona hat es vereinzelt geschafft, die Phalanx der Wolfsburger hinter sich zu lassen. Im August 2020 wurden 15 Einheiten mehr als vom e-Golf verkauft, im November 2020 waren es 25 bzw. im März 2021 sogar 948 Einheiten mehr als vom ID.3. Der erste Volkswagen im Purpose Design scheint also nicht unbedingt erfolgreicher zu sein als der konvertierte Golf. Vielmehr führt er wohl dessen Erfolgsgeschichte fort. Kein Zweifel daran, dass sich die reinen Elektrofahrzeuge gegen die immer mehr auslaufenden Conversions durchsetzen werden.

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