Der Kauf neuer E-Bikes des einstigen Vorzeige-Herstellers Vanmoof ist schon längere Zeit nicht mehr möglich. Auch vor der Insolvenz kämpfte das Unternehmen mit Lieferproblemen und schob Termine für neue Fahrräder immer wieder auf. Ende Juli gab Vanmoof dann auf: Das Geld ging aus und man meldete Insolvenz an.
Mit der Pleite gingen einige unangenehme Sofortmaßnahmen einher: "Zum Schutz der Mitarbeiter", wie es damals hieß, öffnete Vanmoof einen Großteil der Niederlassungen und Werkstätten nicht mehr. Das hatte zur Folge, dass viele Kundenfahrzeuge, die sich zur Reparatur beim Hersteller befanden, eingeschlossen wurden. Es folgten zwar vereinzelt Termine, um die Räder, repariert oder nicht, zu holen, doch inzwischen sind sämtliche Fristen verstrichen – und noch immer sitzt Vanmoof auf E-Bikes der Kunden.
Hinzu kommt, dass die Termine offenbar nur für die niederländischen Shops galten. In den Google-Bewertungen deutscher Filialen, etwa beim Stützpunkt in Hamburg, finden sich zahlreiche Beschwerden, dass man vom Hersteller im Stich gelassen werde und die Räder derzeit unerreichbar seien. Die Rede ist von Anzeigen und Klagen, um irgendwie an das aktuell verlorene Eigentum zu gelangen.
Vanmoof-Versand kostet 300 Euro
Erst langsam scheint der eingesetzte Insolvenzverwalter sich um diese höchst ärgerlichen Fälle zu kümmern – und das auf eine Weise, die für viele Kunden überraschend kommt – denn die "Rettung" des eigenen Rades, selbst wenn die Reparatur bereits bezahlt wurde oder auf Garantie durchgeführt wurde, kostet bis zu 300 Euro. Das geht aus einer E-Mail der niederländischen Anwaltskanzlei HVG Law an Betroffene mit der Absender-Adresse "insolventie.amsterdam@hvglaw.nl" hervor. Ein Betrug ist unwahrscheinlich, da Vanmoof exakt diese Adresse auch in der Insolvenz-FAQ als Kontakt benennt. Ein Kontaktversuch blieb allerdings bisher unbeantwortet.
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Die Kanzlei schreibt: "Laut unseren Unterlagen haben Sie noch ein Fahrrad in Reparatur im Vanmoof Service Lagerhaus in Utrecht, Niederlande. Möglicherweise haben Sie eine Benachrichtigung erhalten, dass sich Ihr Fahrrad bei UPS befindet. In der Zwischenzeit wurde Ihr Fahrrad in das Servicelager verbracht. In Zusammenarbeit mit UPS freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu können, dass eine Lösung gefunden wurde, um Ihr Fahrrad gegen Zahlung einer vergünstigten Versandgebühr von EUR 300 zuzustellen."
Es folgt eine Beschreibung, wie man vorgehen muss, um den Versand des E-Bikes anzustoßen – sollte man gewillt sein, 300 Euro zu zahlen. Völlig offen lässt die Kanzlei, was passiert, wenn man auf das Angebot nicht eingeht. Vermutlich erst einmal nichts. Vor dem Hintergrund, dass ein Vanmoof-E-Bike preislich einst bei mehreren Tausend Euro lag, ist die Enttäuschung der Kunden nachvollziehbar.
Auf "Reddit" fragen sich betroffene Kunden, ob das ein Witz sei – ist es aber leider nicht. Offenbar hat sich der Hersteller aus rechtlichen Gründen vollständig aus dem Geschäft zurückgezogen und dem Insolvenzverwalter das Feld überlassen.
Auf Anfrage bei einem der verbliebenen Mitarbeiter, der noch bis Ende August sein Gehalt bekommt, heißt es: "Ich bin nicht mit allen Kundenmitteilungen vertraut, die verschickt werden, aber dies scheint eine echte Mail der Treuhänder an die Fahrer zu sein."
E-Bike-App mit Abschied
Bei der Vanmoof-App herrscht indes ebenfalls Abschiedsstimmung. Wie "Mobiflip" berichtet, verabschiedet sich Vanmoof mit dem neuesten Update der E-Bike-App auf unbestimmte Zeit und schreibt: "Danke für die Fahrt bisher! Es war uns eine Ehre und ein Vergnügen diese App für eine so tolle Community zu entwickeln. Jetzt heißt es abwarten, was die Zukunft noch bringt. Mit Liebe – euer VanMoof App-Team". Immerhin: Selbst wenn die App eines Tages nicht mehr funktioniert, gibt es inzwischen schon Alternativen.
Vanmoof sucht unterdessen offenbar weiterhin nach Investoren, die das Geschäft übernehmen wollen. Obwohl es anscheinend viele Interessenten gab, kam es aber bislang nicht zu einem konkreten Angebot.
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