Echte Porsche-Fans rümpfen beim Thema Targa seit Jahrzehnten die Nase. Ein echter 911er, nein - der hat nun wirklich ein festes Dach. Wenn schon eine Variante, dann kommt bei schönem Wetter allenfalls ein Cabriolet in Frage. So oder so ähnlich wird nicht nur in Tennis- und Golfclubs gerne einmal geunkt. Porsche und Targa, das hat Tradition. Bereits die erste 911er-Serie war nach der IAA im Jahre 1965 als Targa (bedeutet aus dem italienischen übersetzt Schild) zu bekommen. Damals war der Targa insbesondere die Light-Version eines Cabriolets, da in den USA strengere Sicherheitsvorschriften existierten. Erst viele Jahre später zeigten die Stuttgarter ein Vollcabrio und so war der semi-offene Renner lange Zeit die einzige Möglichkeit, einen 911er offen zu genießen. Bei der ersten Serie musste man das Dach noch händisch abmontieren und im Kofferraum unterbringen. Bestand die Heckscheibe zu Beginn noch aus Kunststoff, so wurde sie 1969 von einer Glasheckscheibe ersetzt.
Seit drei Porsche-911-Targa-Generationen hat der Hightech Einzug gehalten. Das Targadach ist nicht mehr die überdimensionale Dachluke, die mehr schlecht als recht aus der ansonsten steifen Dachkonstruktion herausoperiert wurde. Seit dem Porsche 993 Mitte der 90er Jahre ist der Targa ein 911er mit überdimensionalem Glasdach, das sich im Handumdrehen elektrisch öffnen und schließen lässt. Bei den wenigen Targafans fiel das aufwendige Schiebedach schnell in Ungnade und auch beim Nachfolger 996 kam der Targa über ein Schattendasein nicht hinaus. Doch Porsche gelang es, neue Kundengruppen zu erschließen. Diejenigen, die ein Cabriolet wollten, dass in wenigen Sekunden offen und geschlossen ist und während des ganzen Jahres Fahrspaß bietet, schielten immer öfter zur entsprechenden Targaversion herüber.
Für genau sie könnte auch der neue 911 Targa genau der Richtige sein. Porsche legt bei der 997er Baureihe zur Markteinführung noch eine Schaufel nach. Serienmäßig verfügt der neue Targa über einen Allradantrieb, der ihm nicht nur mächtig Beine macht, sondern auch für die nötigen Sicherheits- und Dynamikreserven sorgt. Das Glasdach der Targaversion ist mächtig und zieht sich vom Frontscheibenrahmen bis hinter die Köpfe der Insassen zum Heckmittelteil. Per Schalter am Mitteltunnel lässt es sich allzu träge öffnen oder schließen. Eine Komfortschaltung vermisst man spätestens beim dritten Öffnen oder Schließen. So muss der Finger auf dem Bedienmodul liegen bleiben. Die erste Schalterstufe öffnet nur das schwarze Innenrollo, damit sich der Innenraum nicht allzu stark aufheizt. Die zweite Raste öffnet das gesamte Glasdach, das im Vergleich zum Vorgänger knapp zwei Kilogramm leichter wurde. Unter dem Strich sind die beiden Targa-Modelle um jeweils 60 Kilogramm schwerer, als ein vergleichbares Allrad-Coupe.
Ist das Dach völlig nach hinten gefahren, kann man sich den Blick in den Rückspiegel sparen. Beim Blick zurück erwartet einen nur ein tiefschwarzer Balken. Da helfen nur die beiden Außenspiegel. Als einziger Porsche 911 verfügt der Targa4 über eine separat zu öffnende Heckklappe, über die sich das 230 Liter große Gepäckabteil hinter den Frontsitzen deutlich leichter als gewöhnlich beladen lässt. Im Vergleich zur geschlossenen Coupeversion fährt sich der Targa trotz Mehrgewicht nahezu identisch. Der durchgehende Dach- und Fensterrahmen sieht gerade bei geschlossenem Dach elegant aus, sorgt bei vielen Open-Air-Fans jedoch für alles andere als Begeisterungsstürme. Ohne ihn wäre die hohe Verwindungssteifigkeit jedoch nicht zu realisieren. Auch die Fahrleistungen der beiden Versionen Targa 4 und Targa 4S liegen auf Augenhöhe mit den bekannt stattlich motorisierten Coupes.
Wer etwas mehr Pfeffer möchte, sollte gleich zum 4S greifen. 261 kW / 355 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 288 km/h begeistern ebenso wie der satte Boxersound, der aus dem Hinterteil dröhnt. Dazu hat man bei geöffnetem Dach einen sanften Wind im Haar. Geht es in den schnellen Galopp über, sollte man das Dach jedoch tunlichst schließen um Geräuschniveau und Verwirbelungen an der Dachkante im Rahmen zu halten. Den Spurt 0 auf 100 km/h schafft der Targa 4S in rund fünf Sekunden. Porsche verspricht dazu einen Durchschnittsverbrauch von 11,8 Litern SuperPlus auf 100 Kilometern.
Fahrdynamik und Grenzbereich des Porsche 911 Targa 4 scheinen kaum Grenzen mehr zu kennen. Die perfekte Lenkung, der variable Allradantrieb und das neutrale Fahrverhalten lassen auch sportlichste Piloten nichts vermissen. Was nichts daran ändern wird, dass echte Porschefans auch bei der neuesten Targaversion wieder die Nase rümpfen werden und die gläserne Kuppel verdammen. Doch für alle, die sich zwischen Coupe und Cabriolet, Hinterrad- oder Allradantrieb, Schalter oder Automatik nicht entscheiden können, ist der Targa vielleicht genau die richtige Wahl. Gerade mit der etwas trägen Automatik ist er ein prächtiger Sportcruiser, der immer kann, wenn man nur will und das bei jedem Wetter. Das hat bekanntlich seinen Preis. Der Porsche Targa 4S kostet mindestens 102.167 Euro. Damit ist der Schwabenpfeil knapp 8.000 Euro teurer als der identisch motorisierte Carrera 4S und nur 2.500 Euro günstiger als das Cabriolet. Auch deshalb dürfte der Targa nur etwas für Exoten sein. Porsche erwartet einen Anteil von knapp zehn Prozent.