Mitsubishi Colt Rettungs-Wagen

Der Konzern ist ein Sanierungsfall, doch mit dem neuen Mitsubishi Colt naht Hoffnung. Seine Vorgänger waren allesamt Bestseller.

Thomas Holtgräfe fühlt sich in jüngster Zeit manchmal "wie ein Papagei". Weil der Deutschland-Geschäftsführer von Mitsubishi ständig betonen muss, "dass es weitergeht". Auch wenn Daimler-Chrysler-Boss Jürgen Schrempp, der nach der Übernahme von mehr als einem Drittel der Anteile das Sagen bei dem japanischen Autobauer hatte, kürzlich den Geldhahn zugedreht hat. Nach dem Stuttgarter Beschluss, verkündet in der Nacht vom 22. auf den 23. April, sanken die Verkaufszahlen drastisch, weil die Kunden verunsichert waren. Und auch bei Holtgräfes Mitarbeitern in der Zentrale im hessischen Trebur ging die Angst um. "Sie machen sich Sorgen um die Zukunft", sagt Holtgräfe. Ihr Chef, solide vom Scheitel bis zur Sohle, verspricht ihnen aber, "dass es weitergeht". Da kommt das neue Einstiegsmodell als Hoffnungsträger gerade recht. "Wir müssen jetzt kämpfen", sagt Holtgräfe, "und der neue Colt ist unser Lebenszeichen". Die Herztöne des Mitsubishi-Kleinwagens überprüft der stern-Fahrbericht.

Glanz & Gloria: toll. Endlich mal wieder ein Stadtfloh ohne Kulleraugen-Gesicht. Der Colt guckt sogar ein bisschen grimmig aus seinen schmalen, dreieckigen Scheinwerfern und strahlt statt Unterwürfigkeit Selbstbewusstsein aus. Die Silhouette wirkt so, als hätten die pfiffigen Designer einen ausgewachsenen Van vom Schlag eines Renault Espace oder VW Sharan bloß etwas geschrumpft. Einfach nur niedlich ist der Colt jedenfalls nicht - er wirkt trotz seiner bescheidenen Abmessungen erwachsen. Auch der Innenraum überzeugt. Ein hauchfeines Quadratmuster auf dem Armaturenbrett, die sich sehr gut anfühlenden Schalter und Hebel sowie edel anmutende Sitzbezüge bringen Oberklasse-Flair in den Kleinwagen. Es gibt sogar Leder - gegen Aufpreis, versteht sich.

Technische Daten

Motoren
Benziner: 1,1-L (55 kW/75 PS), 1,3-L (70 kW/95 PS), 1,5-L (80 kW/109 PS); Diesel: 1,5-L (70 kW/95 PS)

Fahrleistungen


Spitze: 165/180/190 km/h; Diesel: 178 km/h; 0-100 in 13,4/11,1/ 10,0 Sek.; Diesel: 11,0 Sekunden

Verbrauch


5,5/5,8/6,2 Liter Super; Diesel: 4,8

Maße


3,87/1,70/1,55 Meter (L/B/H); Kofferraumvolumen min./max.: 220/645 Liter; Leergewicht: ab 1040 Kilogramm

Preis


ab 11 990 Euro

Gas & Spass: gut. Drei Zylinder - das klingt immer noch ein wenig nach Nachkriegs-DKW oder einfach nur gruselig nach Amputation, weil ein ordentlicher Motor gefälligst vier Pötte haben muss. Alles Quatsch, denn so ein Drilling macht mangelnden Hubraum wegen seiner höheren Drehfreude meist mehr als wett und ist daher für Kleinwagen eine gute Wahl. Bei überwiegendem Einsatz auf kurzen Strecken reicht der kleine 1,1-Liter-Benziner mit 75 PS jedenfalls dicke. Mit den größeren Vierzylindern (1,3 und 1,5 Liter) ist der Mitsubishi fast schon üppig motorisiert. Das gilt auch für den Dreizylinder-Diesel mit 1,5 Litern, denn bei ihm kommen Durchzug und die Lust an Drehzahlen zusammen.

Gleiten & Geniessen: super. Das Fahrwerk wurde angeblich auf spanischen Buckelpisten abgestimmt, und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. Der Colt bügelt nämlich Bodenwellen geschmeidig weg und ignoriert sogar Kanaldeckel weitgehend, ohne dass der hohe Komfort mit einem schwammigen Fahrgefühl erkauft wurde. Auch die Lenkung arbeitet exakt, was bei modernen, elektrisch arbeitenden Servohilfen leider noch nicht selbstverständlich ist.

Kind & Kegel: prima. Wer beim Anblick der Karosserieform Großzügigkeit erwartet, wird nicht enttäuscht. Familien-Spediteure werden sich über das verwandelbare Gepäckabteil freuen, denn die Rückbank lässt sich nicht nur geteilt umklappen, sondern auch um 15 Zentimeter verschieben oder gleich ganz herausnehmen. Genügend Ablagen sind ebenfalls vorhanden, und Isofix-Befestigungspunkte für zwei Kindersitze gehören zur Serienausstattung.

Drum & Dran: geht so. In puncto Sicherheit sollte Mitsubishi die Zwei-Klassen-Gesellschaft endlich abschaffen und alle Kunden gleich behandeln. Der Schleuderverhinderer ESP (heißt beim Colt MASC) gehört nämlich nicht zur Basisausstattung (1,1 Inform für 11 990 Euro), sondern ist erst ab der Version 1,3 Invite für 14 990 Euro erhältlich und kostet im Paket mit Kopfairbags noch mal 800 Euro extra.

Fazit:

Der gelungene Kleinwagen kommt für Mitsubishi gerade rechtzeitig. Die Aufpreispolitik ist jedoch so unverständlich wie das Managementkonzept bei Daimler-Chrysler.

Frank Warrings