Opel GT Offener Aufreißer

  • von Claudia Charles
Weg vom Image des biederen Langweilers möchte Opel schon länger und damit der Kunde nicht nur Brot-und-Butter-Autos mit der Marke assoziiert, wird nun das Kultmobil Opel GT wiederbelebt. Ein schicker Roadster jenseits aller Vernunft.

Wirtschaftliche Motoren, zuverlässige Sicherheitspakete, adrettes Design - all das sind keine sexy Merkmale, um auf dem emotional aufgeladenen Automarkt eine Nische im Herz des Autokäufers zu erobern. Wer könnte besser ein Lied davon singen als Opel, die Rüsselheimer Tochter des amerikanischen Automobilkonzerns General Motors. Um dem Image des tristen Pflichtbewussten zu entrinnen, besinnt sich der Konzern nun auf einen alten Aufreißer und legt den Klassiker GT neu auf - mit heißen Kurven, starkem Motor und jenseits aller Alltagstauglichkeit.

Vorgestellt wurde der Opel GT in der Wüstenoase Palm Springs. Dort, wo sich in der 60er Jahren die amerikanische Filmprominenz traf und der Bungalow erfunden wurde, will Opel die Brücke schlagen vom Ur-GT (1968-1973) zur Wiedergeburt. Und all jenen, die entweder zu jung sind oder gar vergessen hatten, dass die deutsche Corvette der Playboy-Schlitten der Sixties war, stellten die Rüsselheimer eine Flotte zur Probefahrt bereit.

Technische Daten

Opel GT
Motor: Turbo mit Direkteinspritzung
Hubraum (ccm): 1.998
Leistung (PS): 264
Drehmoment (Nm): 353
Von 0 auf 100 (sec): 5,7
V-max. (km/h): 229
Verbrauch (Mix, Liter): 9,2
Kofferraum (liter): 157 (geschlossen), 66 (offen)
Preis (Euro): ab 30.675

"Nur Fliegen ist schöner" lautete der damalige Werbeslogan des GT und so manchem Piloten fiel es schwer, das röhrende Cockpit des Oldies gegen den ledernen Innenraum des neuen Roadsters zu tauschen. Dabei hat der Junior auch einiges zu bieten: 264-Turbo-PS, 230 km/h Höchstgeschwindigkeit, sowie Frontmotor und Heckantrieb. Doch nicht nur innerlich, auch äußerlich ist der GT gereift. Statt der berühmten zierlichen Cola-Flaschen-Figur (Coke bottle Shape) kommt der neue breiter daher, die flache Silhouette mündet zwar auch in einer langen Motorhaube, doch die ist angeschlagen und läuft nicht so spitz zu. Die Klappaugen mussten ordentlichen Scheinwerfern weichen und das Heck neigt eher gen Erde, statt sich frech in die Höhe zu stemmen.

Endlich oben ohne

Doch der äußerlich wichtigste Unterschied ist natürlich der von Coupé zu Cabriolet. Zwar hatte man Anfang der Sechziger auch eine offene Version geplant, in Serie ging der Roadster allerdings nie. Nun kommt der neue GT oben ohne daher - mit Faltdach aus Stoff und manueller Bedienung. Denn zum Öffnen und Schließen muss der Fahrer nicht nur anhalten, sondern auch aussteigen und das Verdeck mit ganzer Kraft in den Kofferraum stemmen. Elegantes Posen an der Ampel fällt damit weg, ein elektrisches Dach ist vorerst nicht vorgesehen.

Was nach der Verwandlung vom Kofferraum übrig bleibt, ist nicht der Rede wert: 66 Liter gibt der Hersteller an, eine Oversize-Handtasche, wie sie derzeit an jeder Frauenschulter baumelt, lässt sich darin nur mit viel Geschick verstauen - am besten, frau verzichtet auf den Beifahrer und parkt das Accessoire auf dem Nebensitz. Überhaupt ist fehlender Stauraum das größte Manko des Wagens. Nicht, dass man mit einem Roadster zum Möbelkauf fahren wollte, bei diesem aber sucht schon die Sonnenbrille ihre Ablage. Neben dem Handschuhfach kann man Lippenstift, Zigaretten und CDs einzig in eine Box zwischen die Sitzen stecken. Dann wiederum: Wer braucht schon CDs? Immerhin ist der GT serienmäßig mit MP3-Anschluss ausgestattet.

Spiegeln in den Armaturen

Ist das Verdeck erstmal weg, können neugierige Nebenfahrer ihren Blick ins überschaubare Innere des GT werfen. Die runden Messinstrumente liegen übersichtlich in der glänzenden Armatur - Klavierlack macht's möglich. Dank ordentlichem Fahrtwind hinterlässt der Wüstensand Palm Springs' auch keine staubigen Spuren, dafür wird die Frisur ordentlich durcheinander gewirbelt. Ein Windschott will Opel bald nachliefern, denn bisher weht die Luft auch bei hochgefahrenen Fenstern noch heftig in den Nacken. Ebenfalls schmerzlich vermisst werden Sitzheizung und Navi.

Der GT ist eben reduziert aufs Wesentliche und das ist in seinem Fall Fahrspaß. Durch die flimmernde Mojave Wüste flitzt der Opel hinauf in die San Bernardino Mountains. Mit präziser Lenkung lassen sich die Serpentinen mühelos umkurven, jede Berührung mit dem Schotterrand muss der Fahrer auf seine Kappe nehmen. Von 0 auf 100 braucht der Kleine 5,7 Sekunden, den Fuß dann wieder vom Gaspedal zu nehmen, kostet viel Überwindung - trotz der Sheriffs, die hinter jeder Straßenecke lauern. Zu schön liegt GT auf dem Asphalt, selbst schaltfaule Menschen erleben maximalen Fahrspaß. Dabei liegt der kurze Schalthebel - mit Lederknauf - gut in der Hand, führt jeden Befehl prompt aus.

Geschwister mit ähnlichem Antlitz

Das Fazit: ein rundherum flinker Flitzer. Nicht alltagstauglich, aber das will er ja auch gar nicht sein. Dafür punktet der Roadster mit fairem Preis-Leistungsverhältnis: Für 30.675 Euro gibt's die Serienausstattung, das Premiumpaket mit Lederausstattung und Sechsfach-CD-Wechsler kostet 1285 Euro on Top.

Vom alten GT wurden 103.000 Exemplare verkauft, fast dreiviertel davon wanderten in die USA. Das dürfte beim Revival etwas anders ausfallen, immerhin hat Opels Mutterkonzern in den Staaten zwei Schwesternautos zum GT auf den Markt gebracht: den Saturn Sky und Pontiac Solice. Welchen Absatz sie sich vom Neu-GT erwarten, lassen die Rüsselsheimer völlig offen, immerhin gebe es bereits 1000 Vorbestellungen. Und überhaupt: "Der GT ist für uns vor allem eine Marketingkampagne", sagte Alain Visser, Marketinggeschäftsführer bei Opel "er soll vor allem Spaß machen; die Menschen sollen gern ihr Geld für ihn ausgeben." Vermutlich werden sie das, denn bekanntlich entscheidet ja so mancher Fahrer beim Autokauf eher mit dem Herz als mit dem Verstand.

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