Ein Kombi ist ein Kombi ist ein Kombi - sollte man meinen. Bei Peugeot hieß das Plus an Platz bisher »Break«. Die geräumige Version des knuffigen 206 heißt jedoch »SW«. Warum? »Weil er das gewisse Etwas bietet«, heißt es aus der Peugeot-Presseabteilung. Wir waren mit dem »gewissen Etwas« unterwegs.
Die Sache mit dem Namen
Nichts gegen die Namensgebung »SW«, wirklich nicht. Das ist ein netter Name, auch wenn kein Mensch genau sagen kann, für was die beiden Buchstaben stehen. (Versuchen Sie es erst gar nicht, Peugeot hat auf diese Frage selbst keine konkrete Antwort). Die »SWs« sollen sich durch besonderes Design und interessante Detaillösungen von der Masse der Kombi unterscheiden. So geschehen beim 307 SW. Dank Glasdach und variablem Sitzsystem wird der neue Löwe mächtig in der Golf-Klasse wildern.
Dem 206 SW fehlen jedoch genau diese attraktiven Details. Er ist und bleibt ein Kombi. Ein besonders gelungener Vertreter seine Klasse zwar, aber dennoch nur ein Kombi.
Futter für die Augen
Wie schon beim Standard-206, ist die Kontaktaufnahme mit dem SW ein echte Freude. Glücklicherweise haben die Löwen-Designer dem 206 eben nicht einfach nur einen »Rucksack« angenäht. Das gewachsene Heck greift die 206-Grundform gelungen auf und lässt den kleinen Flitzer ungemein sportlich wirken. Dieser Effekt ist durchaus beabsichtigt, Peugeot sieht den Neuen nämlich mehr als Lifestyle-Wägelchen denn als Raum-Wunder. Was immer man denn unter »Lifestyle« verstehen mag...
Sportliches Zubehör
Zum echten Schönling wird der Kombi, wenn man bei der Bestellung die Ausstattungslinie »Sport« angekreuzt hat. Dann schmückt ein imposanter Frontspoiler das ansonsten zarte Löwenmäulchen, der Tankdeckel versteckt sich unter einer schicken Aluminium-Blende und in den Radhäusern stecken schicke Alu-Felgen. Die Dachreling und die getönte Heckscheibe einen alle Ausstattungsvarianten (Filou, Tendance, Sport).
Der Trick mit der Heckklappe
Einzigartig in dieser Klasse ist die zweiteilige Heckklappe, die sich separat öffnen lässt. In der Liga der Mittelklasse-Kombis schon längst Standard, bringt Peugeot damit mehr Nutzwert in den kleinen Kombi. Ab den »Tendance«-Modellen lässt sich die Heckscheibe sogar per Fernbedienung entriegeln.
Unauffälliges Cockpit
Der Kommandostand des SW bietet im Vergleich zur Limousine nichts Neues. Um dem endlos betonten »Lifestyle-Anspruch« gerecht zu werden, mussten sich lediglich die Farben einer Frischzellenkur unterziehen. Besonders überzeugt hat uns das Sportgestühl, das in den Linien »Tendance« und »Sport« serienmäßig verbaut ist. Nur die stufenlose Höhenverstellung erfordert Geduld und unendlich viel Gefühl im Hintern. In Verbindung mit dem höhenverstellbaren Lenkrad lassen sich aber auch große Fahrer ohne Probleme im kleinen 206 verstauen.
Eng wird's hinten
Wer auf der Rückbank Platz nehmen muss, ist mit kurzen Beinen besser dran. Zwar verfügt der 206 SW serienmäßig über drei versenkbare Kopfstützen und Dreipunkt-Gurte, das Raumangebot dürfte jedoch kaum für drei Erwachsene ausreichend sein. Ein Raumwunder ist auch der Kofferraum nicht wirklich. Legt man die Rückbank flach, schluckt der SW 1.136 Liter Gepäck. Zum Vergleich, der Skoda Fabia Combi verkraftet 1.225 Liter.
Das Kurven-Tier
Die Marketing-Strategen von Peugeot sehen die Stärken des Neuen vor allem auf der Landstraße. Auch wenn man es nicht gerne zugibt, da haben die Vielschreiber tatsächlich recht. Nach den ersten Testkilometern konnte das Fahrwerk der kleinen Löwen überzeugen. Trotz des Verzichts auf die Anti-Schleuder-Hilfe ESP (gibt's nicht einmal gegen Aufpreis), ist der kleine Kombi ein echter Kurven-Künstler. Kreuzbrav schiebt er in zu schnell angegangenen Kurven über die Vorderräder - vom Gewichts-Plus durch das größere Heck keine Spur. Legt man es darauf an und geht in der Kurve plötzlich vom Gas, kommt nur kurzfristig das Gefühl auf, der Peugeot könnte gefährlich mit dem Hintern wedeln. Hier kommt dem SW seine härtere Dämpferabstimmung zugute.
Diesel mit Schwächen
Natürlich macht die wilde Kurvenjagd nur dann echten Sinn, wenn der richtige Vortrieb vorhanden ist. Den sollen wahlweise zwei Diesel- oder drei Benzintriebwerke besorgen. Indiskutabel ist dabei sicherlich die nur 60 PS starke Maschine mit 1,1 Liter Hubraum. In Verbindung mit einem sehr kurz übersetzten Getriebe haben uns vor allem die beiden stärksten Benziner überzeugt. Vor allem aber der 109 PS starke Vierzylinder mit 1,6 Litern Hubraum hinterließ einen sehr guten Eindruck. Mit reichlich Drehzahl versorgt, muss der Vierzylinder kaum hinter der Top-Motorisierung mit 136 PS zurückstehen. Etwas enttäuschend fiel der Ritt mit der stärksten Dieselvariante aus. Der 2-Liter-Common-Rail-Selbstzünder leidet unter einem sehr lang übersetzten Getriebe. Er ist mit Sicherheit die vernünftigste, aber auch die langweiligste Spitzenmotorisierung für ein ansonsten sportliches Gefährt.
Negativ aufgefallen ist uns die Verarbeitungsqualität der Testwagen. Kaum ein SW war frei von Klapper- und Knarzgeräuschen, bei einem Testwagen machte sich sogar die Innenverkleidung der C-Säule selbstständig.
Fazit
Trotz des sehr gelungenen Designs, der 206 SW ist und bleibt ein Kombi. Durch sein sportliches Fahrverhalten und aggressives Auftreten wird er in seiner Klasse aber garantiert zum Platzhirschen werden. Viel hat ihm die Konkurrenz jedenfalls nicht entgegen zu setzen.
Bekommt man bei Peugeot die Qualitäts-Macken in den Griff, steht einer großen SW-Karriere nichts mehr im Wege.
Von Jochen Knecht