Scirocco Nummer Eins: Die Erinnerung ist eher peinlich als berauschend. Der Golf GTI war der Rabauke, der den Etablierten auf der Überholspur einheizte. Den Scirocco hingegen gab es als "Sieht sportlich aus"-Modell gern gekauft mit handzahmen Motorisierungen. Eigenständiger und besser als heute war der Scirocco noch nie. Der eigentliche Basisgolf ist so sehr "Mister Richtig", das er für viele zu einem "Bloß nicht"-Auto gerät. Schön, gut und praktisch – aber ohne jede automobile Ausstrahlung. Das rationale Fortbewegungsfahrzeug schlechthin. Das ist dieser Scirocco ganz bestimmt nicht. Er ist ein eleganter Muskelsportler, lauert breit und satt auf der Fahrbahn, kann dann mit feinen, nie dagewesenen Linien im Blechkleid verführen. Mit ihm liefert Volkswagen ein automobiles Statement mit eigenem Wert und Anspruch auf. Mit der Idee einer durch Spoiler und Breitreifen heiß gemachten Krawallschachtel-Version hat er nichts zu schaffen. Neben seiner fließend-kraftvollen Form steht die erste Generation ärmlich da wie eine Sardinen-Büchse. Atemraubend die Öffnung des geschlitzten, schwarz glänzenden Kühlergrills, der bei VW den barocken Chromlecker ablöst. Dazu rasant gestaltete Scheinwerfer und die kurzen Überhänge, der Scirocco löst feuchte Hände aus.
Volkswagen Scirocco 2.0 TSI
Motor Reihe
Zylinder 4
Hubraum (cm³) 1984
Leistung (kW / PS) 147/200
Zuladung(kg) 442
Gesamtgewicht (kg) 1740
0-100 km/h (s) 7,2
Vmax (km/h) 235
Verbrauch (L/100 km) 7,6
Kraftstoff Super
Grundpreis (€) 25.500
Impuls für das Segment
Das Segment der kompakten Sportcoupés blühte in den letzten Jahren nicht. Die goldenen Zeiten sind dahin, seitdem Wagen in Geländeoptik die Herzen bewegen. Das liegt auch am mageren Angebot, meint VW und vertraut auf die Kraft des neuen Wagens, die Markttendenzen umzukehren und mehr Leute als zuvor für die kleine Sportlichkeit zu begeistern. Dazu bringt der Scirocco jedenfalls die richtigen Zutaten mit. Die Form "Shooting Brake" ist immer noch für eine Überraschung gut und spielt ihre Vorteile aus. Sie ermöglicht einen großzügigeren Innenraum als das klassische Coupé – das kommt hinteren Sitzplätzen und Laderaum zugute. Wo das langgestreckte Coupé Erinnerungen an das Gleiten eines "Grand Tourisme" weckt, beißt die "Shooting Brake" zu. Das böse Wort vom Ersatz-Porsche für die Hausfrau konnte Volkswagen amtlich entkräften, bevor der erste Scirocco zum Kunden kommt. Beim legendären 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife fuhr der auf über 300 PS aufgebohrte Wagen einen souveränen Doppelsieg in seiner Klasse ein.
Modernste Motoren
Für den Normal-Kunden darf es zunächst etwas weniger Power sein. In Sachen "Motoren Downsizing" führt Volkswagen technisch die Entwicklung mit an. Beim Scirocco findet man daher hubraumarme aber leistungsstarke Motoren unter der Haube. Im Einstiegsmodell arbeitet ein aufgeladener 1,4 Liter Vierzylinder. 122 PS und 200 Nm Drehmoment sind bereits achtbare Werte, sie machen den Wagen für all diejenigen attraktiv, die sich vom Design verführen lassen und deren Träume nicht zwischen Karussell und Schwedenkreuz in den Adenauer Forst abdriften. Außerhalb Deutschlands gibt es ohnehin kaum Gründe eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h empört zurückzuweisen. Mit mehr Benzin im Blut kann man den 1.4 TSI mit Turbo- und Kompressoraufladung ordern, das macht dann 160 PS und 240 Nm. Im größten Modell arbeitet dann 2 Liter-GTI-Motor, 2.0 TSI mit 200 PS.
Kein Familienfahrzeug
Auch auf den hinteren Plätzen sitzt man bequem, aber der Scirocco eignet sich naturgemäß nicht für den kinderreichen Haushalt. 4,25 Metern Länge und 2,57 Meter Radstand sorgen allerdings für komfortables Unterkommen, doch der Einstieg auf die Rücksitze ist und bleibt beschwerlich. Der Kofferraum misst normal immerhin 292 Liter. Mit umgeklappten Rücksitzen werden daraus sogar 755 Liter. Die Ladeöffnung zieht sich allerdings eng zusammen, auch liegt die Ladekante sehr hoch. Als Lasttransporter versteht sich Volkswagens schönstes Kind nicht. Eine Dauerbesatzung von zwei Personen kann mal Freunde mitnehmen und wird das eigene Gepäck stets unterbringen. Mit dem Design überzeugt der Scirocco sofort, die Sitzposition ist ausgezeichnet, Motoren und Fahrwerk lassen nichts zu wünschen übrig. Im Cockpit herrscht dann allerdings das typische, eher sachliche Volkswagenambiente.
Erreichbarer Traum
Zum Glück bleibt der neue Scirocco ein echter Volkswagen, er bleibt nämlich bezahlbar. Sicher gibt es günstigere Möglichkeiten von A nach B zu kommen, aber betrachtet man die Preisvorstellungen der sog. Premium-Marken wirkt die Wolfsburger Preisliste sehr gesittet. Einen Scirocco gibt es nämlich ab 21.750 Euro. Selbst in der Ausbaustufe mit großer Motorisierung (ab 25.500 Euro) und weiteren Extrawünschen bleibt der Wagen unter der magischen Grenze von 30.000 Euro. Von Beginn an wird der Scirocco ordentlich ausgestattet in die Welt entlassen. 17-Zoll-Aluräder, Höheneinstellung für Fahrer- und Beifahrersitz, Lenkrad und Schalthebel in Leder, sehr gute Sportsitze, ein Sportfahrwerk und Klimaanlage. An Extras ist das DSG für die beiden großen Benziner interessant. Sportliche Fahrer wird das optionale adaptive Fahrwerk DCC anlocken, es passt Dämpferkennung und die elektromechanischen Servolenkung an Fahrbahn und Fahrsituation an. Für den Autoästheten, der seinen Scirocco als schönen Ersatz für den Golf ansieht, ist beides entbehrlich.
Als Kunden peilt der Konzern vor allem maskuline Fahrer an siehe Nordschleife. Wieso eigentlich? Ein schöneres Fahrzeug hat Volkswagen schwerlich im Programm. Heidi Klum und ihre Schar an Nachwuchsschönheiten posierten mit dem Scirocco. Ergebnis: Der kleine Sportliche steht jeder Frau.