Strafbefehl über 4500 Euro Notarzt soll für Blaulichtfahrt bestraft werden

Er wollte ein Kleinkind retten. Also fuhr der Notarzt mit Blaulicht und Martinshorn los. Ein Autofahrer zeigte ihn wegen rücksichtsloser Fahrweise an. Der Arzt bekam einen Strafbefehl samt Fahrverbot.

Ein Notarzteinsatz zur Rettung eines Kleinkindes in Lebensgefahr soll einen Mediziner teuer zu stehen kommen. Der Arzt bekam einen Strafbefehl über 4500 Euro wegen Verkehrsgefährdung, außerdem droht ihm der Führerscheinentzug für sechs Monate. Weil der 51-Jährige die Strafe des Amtsgerichts Neuburg a.d. Donau nicht akzeptieren will, kommt es nun zum Prozess, wie der Leiter der Staatsanwaltschaft Ingolstadt, Helmut Walter, bestätigte.

Anzeige wegen Straßenverkehrsgefährdung

Der Notarzt war im April 2014 von der Rettungsleitstelle Ingolstadt ins gut zehn Kilometer entfernte Karlshuld geschickt worden. Ein zweijähriges Mädchen hatte Schnellkleber verschluckt und drohte zu ersticken. Auf der Fahrt mit Blaulicht und Martinshorn musste der Mediziner mehrere Autos überholen.

Drei Wochen später meldete sich die Polizei bei ihm. "Die sagten, dass ich wegen Straßenverkehrsgefährdung angezeigt worden sei", schilderte der Mediziner der "Bild"-Zeitung. Ein Autofahrer wirft dem Notarzt vor, beim Überholen eines rechts abbiegenden Autos zu weit ausgeschert zu sein. Dadurch habe er scharf bremsen und ausweichen müssen.

Keine Gefährung Dritter

Kürzlich flatterte dem Notarzt der Strafbefehl ins Haus. Der Mediziner habe sich als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges erwiesen, wird ihm darin bescheinigt. Der 51-Jährige hält in der "Bild"-Zeitung dagegen: "Ich bin im Schnitt 85 km/h gefahren. Die Fahrt war wie jede andere. Ich habe einige Fahrzeuge überholt, andere haben geblinkt, ließen mich vorbei." Doch der Leitende Oberstaatsanwalt Walter rechtfertigt das Vorgehen seiner Behörde. "Hier sind Notrechte überschritten worden", sagte er der Zeitung.

Die Rechtslage ist kompliziert, ein Blaulichteinsatz rechtfertigt nicht, andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Hierzu das Oberlandesgericht Düsseldorf im 11.11.1991: "Fahrer von Einsatzfahrzeugen haben auch den bei der Ausübung von Sonderrechten geltenden und sich aus § 1 StVO ergebenden Grundsatz zu beachten, darauf bedacht zu sein, dass bei der Einsatzfahrt keine anderen Verkehrsteilnehmer zu Schaden kommen."

Arzt sieht sich im Recht

Der übrige Verkehr darf nicht mehr als notwendig behindert oder gefährdet werden. Der Mediziner fährt nach seinen Angaben seit 23 Jahren Notarzteinsätze - 5500 sind nach seiner Rechnung dabei zusammengekommen. Noch nie habe er auch nur einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei bekommen. Mit dem Prozess will er es jetzt wissen: "Wenn das durchgeht, stünde man bei jeder Blaulichtfahrt mit einem Bein vorm Kadi."