Stecker statt Dieselmotor Volvos neuer XC60 Recharge T8: Ein schwedischer Hybrid-SUV mit Nachdruck

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Bei langsamen und mittleren Tempo übernimmt der Elektromotor des Volvo XC60 Recharge T8 den Großteil der Antriebsleistung (Symbolbild)
© Artur Widak / Picture Alliance
Volvo ist im Laufe der vergangenen Jahre von einer Kombimarke zu einem echten SUV-Experten geworden. Und statt Dieselmotoren geben längst Autos mit Stecker den Ton an − so wie der Volvo XC60 Recharge.

Volvo überarbeitet sein wichtigstes Modell, den XC60. Seit Jahren ist der schicke Schwede einer der erfolgreichsten Mittelklasse-SUV in der europäischen Premiumliga. Dabei muss sich der Schwede gegen die Konkurrenz aus Deutschland und England ganz schön strecken; ist er doch der Einzige, der ohne Diesel oder echte Sportversion auskommen muss und allein von Vierzylindern befeuert wird.

Zu allem Überfluss haben ihm die Volvo-Verantwortlichen vor einiger Zeit noch vom Schreibtisch weg die Flügel gestutzt, denn bei 180 km/h wird seit längerem elektronisch abgeriegelt. Doch da die Volvo-Kunden kaum für ihren besonders sportlichen Anspruch und eine entsprechende Fahrweise bekannt sind, hat das dem Erfolg der Modelle keinen Abbruch getan. Das wird sich mit der neuesten Modellpflege des Volvo XC60 kaum ändern, denn abgesehen von der allzu frühen Einbremsung bei Tempo 180 und einem leicht angestrengten Motorklang bei hohen Drehzahlen ist dem Skandinavier kaum etwas vorzuwerfen. Wieso die Bezeichnung "Polestar Engineered" als sportliche Topversion 15 PS und seinen Namen beisteuert, bleibt eher ein Geheimnis.

Volvo lässt sich bedienen wie ein Smartphone

Viel auffälliges hat sich nach der Modellpflege nicht getan. Wichtig ist jedoch die neue Elektronikplattform, mit der nach dem Volvo XC40 nunmehr auch der XC60 unterwegs ist. Optisch gibt es obendrein leichte Retuschen an Kühlergrill, Frontschürze, Heck und Alufelgen − innen geben neue Displays, eine einfachere Bedienung und die Einbindung von Google Auto den Ton. Der XC60 lässt sich damit so einfach bedienen wie das eigene Smartphone − kennt man bestens von Polestar 2 und dem XC40 − nun eben auch eine Nummer größer und allemal überzeugend. Navigation, Sprachbedienung und die noch etwas spärlichen Apps als kleine Hilfsprogramme durch den Alltag − klappt alles prima und einfacher als bei den meisten Wettbewerbern.

Gewohnt wertig und schick ist der 4,69 Meter lange Volvo XC60 im Innern. Vielfältig verstellbare Ledersitze mit viel Kontur und jeder Menge Langstreckenkomfort lassen den Schweden auch auf langen Passagen bestens dastehen. Der Fahrer freut sich ebenso wie der Copilot nicht nur über die einfachere Bedienung, sondern auch darüber, dass der große dunkle Kunststoffklotz hinter dem Innenspiegel zwei Nummern kleiner geworden ist, weil der Radarsensor sich wieder in den Kühlergrill verzogen hat. Die farblich abgesetzte Gurte in gelb sehen nicht nur in einem Sportwagen klasse aus, sondern passen auch in einen Mittelklasse-SUV. Das XC60-Platzangebot ist nicht opulent, aber in Ordnung für diese Liga. Das sieht mit der Zuladung nicht ganz so aus, denn aufgrund seines stattlichen Leergewichts von mehr als 2,2 Tonnen darf der Allradler gerade noch 435 Kilogramm zuladen. Das stört mehr als das Ladevolumen hinter der elektrischen Heckklappe, das mit 483 Litern für die meisten Transporte reicht. Und wer mehr braucht, klappt die Rücksitze um und lädt durch.

Schwedischer Autobauer verabschiedet sich von Diesel-Motoren

Beim Antrieb hat sich Volvo längst von seinen ebenso drehmomentstarken wie effizienten Dieselmotoren verabschiedet. So kommt man um einen der beiden Plug-In-Hybriden mit dem Namenszusatz "Recharge" kaum herum. So wird der aufgeladene Zweiliter-Vierzylinder von einem 87 PS starken Elektromotor an der Hinterachse unterstützt und die Motorleistung steigt mit einer kleinen Vitaminspritze von Polestar auf 298 kW / 405 PS und üppige 670 Nm maximales Drehmoment. Da wäre eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometern kaum ein Problem, doch allzu früh fährt der Volvo XC60 Recharge T8 auch mit dem Polestar-Paket bei knapp über 180 Stundenkilometern in den Begrenzer.

Das machen seine Wettbewerber Audi Q5, BMW X3, Mercedes GLC oder Jaguar F-Pace besser, werden als Hybridversion jedoch ebenfalls nur noch vier Zylindern befeuert. Die Abstimmung des Fahrwerks gefällt. Doppelquerlenker-Vorderradaufhängung und Integral-Hinterachse aus Verbundmaterial werden in der Topausstattung von einem adaptiven Luftfahrwerk mit aktiver Dämpfersteuerung unterstützt. Im Komfortbereich dürfte der Volvo gerade mit seinem 21-Zoll-Radsatz gerne etwas feinfühliger und kommoder sein. Hier glänzt die Optik auf Kosten des Federniveaus.

Kurze elektrische Reichweite von 47 Kilometern

Unter Last bleibt es dabei − der Motorklang ist angestrengt und mag nicht zu einem Nobel-SUV passen, denn fraglos ist genau das der Volvo XC60 T8, der in der Topausstattung über 80.000 Euro kostet und mit ein paar weiteren Annehmlichkeiten über 95.000 Euro teuer ist. Und selbst die schwächere T6-Variante startet gut ausgestattet bei 67.600 Euro. Doch der Schub, den Turbovierzylinder und das Elektromodul mit seinen 65 kW / 87 PS und 240 Nm bieten, ist mächtig und im normalen Fahrbetrieb bekommt man vom angestrengt tönenden Zylinderquartett nichts mit. Auch deshalb nicht, weil gerade bei langsamen oder mittleren Tempi je nach angewähltem Fahrmodus der Elektromotor den Großteil der Antriebsleistung übernimmt und den Verbrenner oftmals arbeitslos macht. Der Normverbrauch: 3,3 Liter und in drei Stunden ist das Akkupaket mit seinen 11,6 kWh wieder erstarkt.

Leider hapert es jedoch an der elektrischen Reichweite, denn die in Aussicht gestellten 45 bis 47 Kilometer reichen nur noch dieses Jahr gefördert zu werden. Die volle Förderung für einen Plug-In-Hybriden gibt es ab Anfang 2022 nur noch dann, wenn das im Unterboden verbaute Akkupaket mindestens eine elektrische Reichweite von 60 Kilometer schafft. Da müssen einige der aktuellen Plug-In-Hybriden die Waffen strecken und dazu gehört ab dem 1. Januar 2022 auch der Volvo XC60 Recharge in seinen drei Leistungsstufen. Daher besser noch in diesem Jahr zugreifen und hoffen, dass die anhaltende Halbleiterkrise, die die meisten Autohersteller im Griff hat, einer Auslieferung in diesem Jahr nicht entgegensteht. Wäre schade drum, denn der Volvo XC60 ist nach der jüngsten Modellpflege das, was er schon immer war: einer der besten SUV der Premiumliga.

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