Der Händler döst unter einem Sonnenschirm. Auf dem Automarkt am ehemaligen Sportlerdorf der Asienspiele betrachten wir zwei silberne und einen schwarzen Geländewagen, die verdächtig einem deutschen Vorbild gleichen. Plötzlich wacht der kleine Mann auf und spricht uns an: "Sie interessieren sich für den CEO?"
Der Mann im kurzärmeligen Hemd heißt Cheng Qian. Sein Verkaufsargument: "Das Gute an dem Wagen ist, dass er aussieht wie ein BMW X5." Er sei zwar nur mit einem Vierzylindermotor von Mitsubishi mit 2,4 Liter Hubraum ausgestattet, habe aber eine Abgasreinigung gemäß der Euro-3-Norm, sei 4,71 Meter lang, 1,87 Meter breit und 1,82 Meter Êhoch - alles in etwa so wie beim echten BMW X5. Das gelte auch für den Rückspiegel, das Lenkrad, das Sonnendach und die Ledersitze. Ein Mann fotografiert Ehefrau und Baby vor dem edel aussehenden Auto. Auf einem Plakat steht: "Topdesign, Topqualität, niedriger Preis" - umgerechnet 11 000 Euro, ein Zehntel dessen, was das Original in China kostet.
Daneben werden Suzukis
und Mitsubishis angeboten, echte und falsche Marken wetteifern um die Käufergunst auf Pekings größtem Automarkt mit 40 000 Quadratmetern. Chinesen verdienen wenig, fahren jedoch gern schicke Marken. Die lokale Industrie kommt diesem Bedürfnis entgegen. Zum Beispiel die ehemalige Rüstungsfabrik Shuanghuan in der Provinz Hebei, an deren Stand Autohändler Cheng arbeitet. Die Kopie gleicht dem BMW X5 natürlich nur im Design, nicht in der Qualität. Das Unternehmen weist den Plagiatsvorwurf von sich. "Wir kopieren nicht, wir imitieren nur beliebte internationale Formen", sagt Chefingenieur Cheng Bin. Von Patenten und internationalem Markenrecht hält er wenig: "Das schränkt die Kreativität ein."
Dieselbe Fabrik kopiert auch andere Wagen, etwa den Honda CR-V. Den Nachbau nennt sie Rabo. Honda führt deswegen seit zwei Jahren Prozesse gegen Shuanghuan und zehn andere Unternehmen - ohne Erfolg. Chinas Regierung schützt die nationale Industrie. Viele einheimische Experten rechtfertigen sogar die Produktpiraterie. Eine gängige Argumentation geht so: Die Volksrepublik sei arm und müsse deshalb die Autos anderer Länder "modifizieren", dies sei eine "Abkürzung" bei der Entwicklung.
"Von außen kann man kaum einen Unterschied zum echten X5 erkennen", sagt Luo Yong, der ein Hotel in der Provinz Hunan besitzt und bei Händler Cheng einen CEO kaufen möchte. "Natürlich ist die Qualität nicht zu vergleichen. Aber keiner schaut dein Auto so gründlich an. Jeder glaubt, du fährst einen X5."
Und dass der Schein stimmt, dafür sorgt ein besonderes Angebot von Händler Cheng: "Ich rüste Ihnen den Wagen auf, 80 Prozent meiner Kunden machen das." Was meint er mit aufrüsten? "Wir ersetzen die CEO-Embleme durch BMW-Embleme, vorne, hinten und auf den vier Felgen. Das ist im Preis inbegriffen." Natürlich alles gefälscht. Händler Cheng verkauft 30 CEO im Monat. Seit der Einführung des Wagens im Oktober sind 10 000 Stück abgesetzt worden, sagt er.
Der falsche BMW fährt zwar nicht so schön wie ein richtiger, doch dafür kann er auf einem anderen Feld hilfreich sein. "Sie machen Geschäfte hier in China?", fragt Cheng. "Schenken Sie Ihrem Partner vor Vertragsabschluss den mit BMW-Emblemen aufgerüsteten Wagen. Dann unterschreibt der Ihnen alles."
Mitarbeit: Ellen Deng, Huang Yong