Es war Sylvester 2016, als Uwe Sülflohn sein erstes Wrack entdeckte. "Die geraden Linien waren leicht zu erkennen", erinnert sich der Fotograf und Lichtkünstler. "Von der Kante des steil abfallenden Hangs aus gesehen, bildeten sie zwischen den kargen Eichen eine fremdartige, technische Struktur". Der Jagdinstinkt war erneut erwacht.
Zuvor hatte Sülflohn zwei Winter lang verlassene Hütten fotografiert, die er in Wäldern aufgespürt hatte. In der Dunkelheit, mit der Taschenlampe beleuchtet, geheimnisvoll mit Licht bemalt.
Tachenlampen und alte Autos
Nicht lange danach, im August 2016, bekam er den Auftrag, seinem Freund und Kollegen Theodor Barth beim Schönheitswettbewerb für Oldtimer im kalifornischen Pebble Beach zu assistieren. Dort waren nichts weniger als die Kronjuwelen der automobilen Schöpfungsgeschichte abzulichten. Und irgendwann sagte Barth zu seinem Kollegen und Freund Uwe Sülflohn: "Warum machen wir das Ding mit den Taschenlampen nicht mit alten Autos?"
Herausgekommen bei der zweieinhalb Jahre währenden Suche ist "Lost Cars", ein großformatiger Fotoband mit 110 gruselig-schaurigen Autobildern, jedes für sich allein wegen der aufwändigen Recherche ein Kunstwerk. Der lichtbildnerischen Aufgabe begegneten Barth und Sülflohn nicht mit der üblichen Photoshop-Bearbeitung am Computer, sondern, ganz klassisch, mit Langzeitbelichtungen und den besagten Taschenlampen, aber auch mit LED-Leuchten, Blitzen sowie Kunstlicht von Straßenlaternen und Werbeschildern. Und natürlich mit Hilfe von Sonne, Mond und Sternen. So wird der im Birkenhain vergessene Volvo PV544 im feierlichen Schein zu einer Art Altar für seine eigene Trauerzeremonie. Bei den im Freien gefundenen Wracks mag es den Betrachter erschaudern ob der Vergänglichkeit dieser einst kostbaren Raritäten. Er wird womöglich Tränen vergießen, weil diese unrettbar verloren sind, fast schon Eins geworden mit der Wiese, dem Gestrüpp, dem Unterholz. Die in Garagen oder Scheunen vergessenen Automobile wie der Opel GT erwecken dagegen vielleicht den Beschützerinstinkt von Oldtimer-Liebhabern, um es den Fotografen schließlich gleich zu tun und auf die Jagd zu gehen – und zu retten, was noch zu retten ist.