Knisternde Erotik und aufregendes Agentenleben im Sturm der politischen Ereignisse, die letztendlich in den Ersten Weltkrieg mündeten: Mit "Mata Hari" griff Entwickler Cranberry Productions ein Thema auf, das Adventure-Veteranen und Gelegenheitsspieler gleichermaßen ansprechen sollte. Ob namhafte Story-Schreiber wie Hal Barwood und Noah Falstein aus alten LucasArts-Tagen ("Indiana Jones and the Fate of Atlantis") auch heute noch ein prickelndes Spielerlebnis garantieren können?
Die exotische Tänzerin Mata Hari war eigentlich Holländerin und trug in Wirklichkeit den weit weniger aufregenden Namen Margaretha Geertruida Zelle. Als Spionin des deutschen Geheimdienstes hieß sie nicht 007, sondern bekam den Decknamen H21. Viele Details ihrer Lebensgeschichte liegen bis heute im Dunkeln und sind Gegenstand von wilden Spekulationen. Sicher ist nur, dass Frau Zelle als verruchte Nackttänzerin in der prüden Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts Ruhm erlangte und irgendwie in eine wenig erfolgreiche Spionage-Karriere stolperte. Im Jahr 1917 wurde Mata Hari von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und einige Monate später von einem Erschießungskommando hingerichtet.
Das Adventure "Mata Hari", das hierzulande von dtp entertainment vermarktet wird, nimmt es mit der historischen Wahrheit nicht immer ganz genau. Die Protagonistin dient in erster Linie dazu, das Spionage-Thema mit einer Prise Erotik zu würzen und den Spieler in die faszinierende Zeit der Belle Epoque vor dem Ersten Weltkrieg zu versetzen. Das Setting lässt denn auch kaum Wünsche offen - die Schauplätze zwischen Paris, Madrid und Berlin wurden in 2-D-Grafik mit viel Liebe zum Detail in Szene gesetzt und durch kleine Hintergrundanimationen wirkungsvoll mit Leben erfüllt. Auch die Charaktere vermitteln überzeugend das Flair der Zeit, wenn man über kleine Schnitzer bei den Animationsabläufen hinwegsieht.
Spionage für Anfänger
Spionage muss nicht unbedingt ein hartes Geschäft sein. Die Puzzles des Cranberry-Adventures sind erstaunlich einsteigerfreundlich ausgefallen und bieten Profis eigentlich keine Herausforderungen, zumal stets nur eine überschaubare Menge von Utensilien im Inventar der Tänzerin zum Einsatz kommt. Wer trotzdem einmal nicht weiterkommt, nutzt die Hotspot-Funktion oder verlässt sich auf die vielen Lösungshinweise, die das Spiel dem User gibt. Viele Tipps entnimmt man den Gesprächen mit anderen Personen, die zwar von erstklassigen Sprechern vertont wurden, aber leider jeden Dialogwitz vermissen lassen.
Angereichert werden Mata Haris Abenteuer zwischen Tanz und Politik durch diverse Minispiele, über die man zusätzliche Punkte sammeln kann. Mal gilt es, auf den zahlreichen Zugfahrten zwischen den europäischen Metropolen Verfolger abzuschütteln, mal muss die Tänzerin Inspirationen für ihre neue Choreografie sammeln. Die Idee mit den Minispielen ist grundsätzlich gut, trotzdem nehmen diese insgesamt zu viel Raum ein und bremsen die Handlung mehr, als sie voranzutreiben. Immerhin: Wer der kleinen Zwischenaufgaben überdrüssig ist, kann diese auch überspringen, kassiert dann aber auch keine Extrapunkte.
Mata Hari
Hersteller/Vertrieb | Cranberry Productions/dtp entertainment |
Genre | Adventure |
Plattform | PC |
Preis | ca. 40 Euro |
Altersfreigabe | ohne Altersbeschränkung |
"Mata Hari" gelingt es, mit stilvollen Locations und der passenden Hintergrundmusik eine stimmige Atmosphäre zu schaffen. Was fehlt, ist eine gekonnte Dramaturgie mit einem Spannungsbogen, der den Spieler bis zur Endsequenz zu fesseln vermag. Die Charaktere bleiben trotz hervorragender Synchronisation größtenteils stereotyp. Die Rätsel dürften vor allem Einsteigern und Gelegenheitsspielern entgegenkommen, ebenso die unkomplizierte Point&Click-Steuerung und das icon-basierte Dialogsystem. Länger als sechs oder sieben Stunden sollten aber selbst Genre-Neulinge nicht beschäftigt sein, bis sie die überschaubaren Kapitel aus dem tragischen Leben der holländischen Tänzerin bewältigt haben.