Viren, gestohlene Zugangsdaten, Erpressungs-Trojaner: Wohl jeder Nutzer eines Windows-Rechners war irgendwann mal Opfer eines Computer-Schädlings. Die Macintosh-Rechner aus dem Hause Apple galten dagegen lange geradezu als Musterbeispiel für einen sicheren Rechner. Doch dieses Image hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Und nun musste selbst der Chef der Software-Abteilung zugeben: Es gibt ein Problem.
"Wir haben heute ein Ausmaß an Malware auf dem Mac, das für uns inakzeptabel ist", erklärte Craig Federighi am Mittwoch im Rahmen des Gerichtsprozesses zwischen dem Konzern und dem "Fortnite"-Entwickler Epic Games. Jede Woche finde der Konzern nach seinen Angaben neue Schädlinge, alleine oder in Zusammenarbeit mit Drittentwicklern. In absoluten Zahlen klingt die Menge der Malware-Funden aber weniger dramatisch: 130 neue schädliche Programme für Mac-Rechner habe man seit dem letzten Mai insgesamt identifizieren könne, so Federighi. Die meisten würde Apple selbst im Hintergrund von den Rechnern entfernen. Ein Schädling habe aber alleine 300.000 Rechner befallen.
Strategisches sägen am eigenen Mythos
Dass Apple plötzlich den Mythos vom sicheren Mac selbst untergräbt, mag zunächst irritierend wirken. Tatsächlich ist es aber ein Teil der Verteidigungsstrategie des Konzerns gegen die Vorwürfe Epics. In dem Streit geht es um die Frage, ob Apples App Store tatsächlich die einzige Quelle für Software auf dem iPhone sein sollte. Apple würde durch die Begrenzung ein künstliches Monopol schaffen, um dann bei sämtlichen Programmen mitkassieren zu können, argumentiert der Spieleentwickler. Der Streit war entbrannt, nachdem "Fortnite" eine Funktion implementiert hatte, mit der die Spieler den Entwickler direkt bezahlen konnten und Apples Anteil umgangen wurde.
Der Sicherheits-Aspekt ist einer der Gründe, die Apple für seine enge Kontrolle des App-Markts auf iPhone und iPad anführt. Denn auf dem Mac, wo jeder seine Software aus beliebigen Quellen beziehen könne, habe man "ein bedeutend größeres Malware-Problem" als auf den Mobilgeräten, so Federighi. "Es ist wie beim Spiel "Wach-a-Mole", erklärt der Software-Chef. Beim in den USA beliebten Jahrmarktsspiel muss man mit einem Hammer aus Löchern lukende Maulwurfs-Figuren treffen. Kaum ist eine verschwunden, taucht schon die nächste auf. Sein Argument: Obwohl das iPhone ein "sehr attraktives Ziel" sei, wäre es durch die Restriktionen beim App-Download erheblich sicherer als der offene Mac.
Dass Apple für den Vergleich die relativ kleine Summe von 130 neuen Schädlingen nennt, dürfte Teil dieser Strategie sein. Wer den Mac als absolut sicher ansieht, wird die Zahl zwar hoch finden. Im Vergleich zu Windows oder auch Googles Mobilsystem Android ist sie aber geradezu verschwindend klein. Der Antiviren-Entwickler Kaspersky entdeckte etwa im im Jahr 2020 im Schnitt 360.000 neue Schädlinge für Windows - jeden Tag. Apples Eingeständnis lässt die Mac-Rechner damit immer noch wie ein Bollwerk gegen Angriffe wirken.
Mehr Angriffe, aber geringere Gefahr
Hätte der Konzern eine andere Zahl genannt, wäre dieser Eindruck wohl deutlich getrübter gewesen. Die Antimalware-Experten von Malware Bytes entdeckten nach ihrer Jahresstatistik alleine im letzten Jahr 75 Millionen Angriffe auf Macs. Bei Windows waren es zwar 111 Millionen entdeckte Attacken, bedenkt man aber, dass es laut "Statcounter" fast fünfmal so viele Windows- wie Mac-Nutzer gibt, macht das die statistische Wahrscheinlichkeit eines Angriffs auf dem Mac jedoch erheblich höher.
Dabei ist allerdings zu beachten, dass die durchschnittliche Windows-Attacke deutlich gefährlicher ist. Der Anteil "echter" Malware wie Trojanern liegt bei Apple-Rechnern laut Malware Bytes bei gerade einmal 1,5 Prozent, in der Mehrheit handelt es sich bei den entdeckten Attacken um Programme, die den Nutzern unerwünschte Software oder Werbung unterjubeln. Bei Windows steckt alleine hinter jeder fünften Attacke ein vollwertiger Trojaner, die gefährliche Malware macht knapp 70 Prozent der Angriffe aus. Trotzdem empfiehlt es sich, auch auf einem Mac ein Schutzprogramm zu installieren.
Quellen:Cnet, Kaspersky, Statcounter, Malwarebytes