Gaming-Meisterwerk Endlich wieder Autos stehlen – eine Liebeserklärung an GTA

Grand Theft Auto: "GTA VI" kommt 2025 – das heiß erwartete Videospiel im ersten Trailer
Sehen Sie im Video: "GTA VI" kommt 2025 – das heiß erwartete Videospiel im ersten Trailer.
Grand Theft Auto, das ist eine Straftat, für die Verurteilte in den USA bis zu drei Jahren hinter Gitter wandern. Vor allem ist es aber der Titel der wohl bekanntesten Reihe der Videospielgeschichte. Anlässlich des sehnlich erwarteten Trailers zum sechsten Teil von GTA: eine Liebeserklärung. 

Wer einen Eindruck davon bekommen will, wie sehr sich hungrige Fans nach einem Gruß aus der Küche sehnen können, der werfe einen Blick auf die Youtube-Kommentarspalte unter dem am Montagabend veröffentlichen Trailer von GTA VI. So manch ein entzückter Gamer arbeitet da mit mehr Versalien als Donald Trump nach einem Gerichtstermin. "WIR HABEN 10 JAHRE AUF DIESEN MOMENT GEWARTET UND JETZT IST ER ENDLICH DA", schreibt einer von ihnen all den anderen aus der Seele.

Der Hype ist real. 60 Millionen Views in zwölf Stunden – allein für den Trailer auf dem Kanal des Entwicklerstudios Rockstar Games. Dabei ist in den eineinhalb Minuten neben schnieker Grafik und unzusammenhängenden Szenen aus dem Miami-Abklatsch Vice City eigentlich gar nicht so viel zu sehen. Völlig egal, Hauptsache etwas.

Was der Trailer verrät, lesen Sie hier:

Spätestens, wenn sich am Ende der GTA-VI-Schriftzug und die frohe Botschaft "Coming 2025" manifestieren, erschauert jeder Fan in Gänsehaut. All das für ein Videospiel? Ja. Und zwar völlig zurecht.

GTA – ein verlässlicher Meilenstein

"Gut Ding will Weile haben". Kaum jemand frönt diesem in gierigen Zockerohren so quälend klingenden Leitsatz so sehr wie die GTA-Entwickler. Doch, obwohl Rockstar Games den "aktuellen" Teil der Reihe in den vergangenen zehn Jahren bis zur Unkenntlichkeit ausgeschlachtet und trennungsscheue Hardcore-Fans bis zum letzten Tropfen gemolken hat, gingen die nie so richtig in Opposition zum Studio. Denn sie wissen: Das Warten lohnt sich.  

Mit Titeln wie GTA V und Red Dead Redemption 2 (quasi die Western-Variante) bekamen sie schlicht Meisterwerke vorgesetzt. Rockstar Games legte bislang mit jedem Titel verlässlich eine neue Messlatte für die gesamte Industrie – und das über Jahre. Das ist in etwa so, als spielte der FC Bayern nur jede Dekade in der Bundesliga. Alle anderen Klubs wüssten: Wenn die sich einmal zum Kicken begnügen, können wir uns nur verneigen. GTA spielt in einer anderen Liga, ja einen anderen Sport. 

Als GTA V 2013 zu Playstation3-Zeiten erschien, verdiente Rockstar eine Milliarde Dollar – in den ersten drei Tagen. Heute, zehn Jahre und zwei Konsolengenerationen später, hat sich das Game 190 Millionen Mal verkauft. Ich selbst habe das Spiel zweimal gekauft – für zwei verschiedene Playstation.

Herrlich sinnlose Gewalt

Ich spiele GTA, seit ich acht Jahre alt bin. Zur Jahrtausendwende hat die knallbunte, pixelige Oben-Drauf-Sicht und die Tatsache, dass der Spielcharakter per Tastenbefehl zu Flatulenzen neigte, meine auf mein Seelenheil bedachte Mutter noch davon abgelenkt, dass das Game im Prinzip ein Amok-Simulator war. 

Diese sinn- und maßlose Gewalt ist damals wie heute Markenzeichen der Reihe und gehört genauso dazu, wie die Tatsache, dass jeder Spieler irgendwann, nach ein paar Dutzend Spielstunden, in einem Anflug der Anti-Rebellion im (geklauten) Auto die Straßenverkehrsordnung für sich neu entdeckt und brav an jeder Ampel zu hält. Dieser Ausflug ins Tugendhafte hält meist eine Rotphase – dann wird wieder geballert. 

Es stimmt: Vermutlich lässt sich in keinem anderen Spiel so hemmungslos morden. Doch, wer glaubt, dass GTA Gewalt verherrlicht, debattiert vermutlich auch noch über Alkopops. GTAx ist im Grunde ein digitaler Toberaum. Nur, dass die energieüberschüssigen Spielekinder nicht mit zugeklebtem Brillenglas in knüppeldicker Luft auf schweißnassen blauen Turnmatten hüpfen, sondern in Kurvenschluck-Stellung auf dem Sofa fläzen, die Griffel um den klebrigen Controller schlingen und voll stiller Entzückung Passanten aus ihren Sportwagen zerren, Prostituierte prellen – oder eben wahllos um sich ballern.

Unsere Welt – nur zehn Schippen drüber

Aber GTA ist eben weit mehr. Es ist einer der wohl best geschriebenen Satiren der Unterhaltungsgeschichte. Das GTA-Universum ist ein groteskes Spiegelbild unserer Wirklichkeit, der reale Wahnsinn. Zum Verständnis nur ein Beispiel aus dem aktuellen Teil der Reihe:

In einer Mission soll Michael, einer der drei Protagonisten, im Auftrag seines schleimigen, alubehüteten Hacker-Kumpels Lester im Prototyp einer neuen Smartphone-Generation eine Sprengladung platzieren. Also steuern wir unseren Ende-vierzigjährigen Charakter zur nächstbesten Hipster-Boutique, kleiden ihn in lächerlichen ITler-Zwirn (inklusive Cargo-Shorts und bunter Weste) und begeben uns zum Firmensitz von Lifeinvader – einem absurden, dystopischen Gemisch aus Apple, Facebook, und Google. Hier bequatschen wir einen Mitarbeiter, der unser Vergil in dieser Millenial-Hölle wird: In dem mit Sitzsäcken zugestellten Hauptquartier arbeiten Hacky-Sack-spielende, moralisch verkommene Geeks daran, die Welt jeden Tag ein bisschen schlechter zu machen.

Nach getaner Arbeit lehnt sich unser Charakter auf der heimischen Couch zurück, steckt sich einen Zigarillo an, den wir fast riechen können. Gemeinsam schauen wir im Live-TV, wie Lifeinvader-CEO Jay Norris seine neue Erfindung einer johlenden Meute präsentiert. Die kriegt sich vor Begeisterung gar nicht mehr ein, während Norris damit prahlt, dass der durchschnittliche Lifeinvader-Angestellte 14,4 Jahre alt sei. Irgendwann rufen wir diese abstruse, bösartige Verschmelzung aus Mark Zuckerberg und Steve Jobs an. Als der vor laufender Kamera abnimmt, das Smartphone – und sein Schädel. Unser Kumpel Lester freut sich – schließlich hat er Aktien von der Konkurrenz gekauft.

Es sind Geschichten wie diese, die die Spielreihe zu dem Meisterwerk machen, was es ist. GTA ist unsere Welt, nur eine bis zehn Schippen drüber. Hier bekommt jeder sein Fett weg: Vom Yoga-abhängigen Lifestyle-Buddhisten, bis zum Meth-süchtigen, psychopathischen White-Trash-Abziehbild. Die spektakuläre Optik, das martialische Rumgeballere, ja selbst das namensgebende Autostehlen ist im Grunde zweitrangig. GTA ist eine Glosse aus Einsen und Nullen.

Ich für meinen Teil habe jetzt schon Fernweh, wenn ich an meinen Trip nach Vice City im übernächsten Jahr denke. Und bis dahin? GTA V gibt’s wohl auch für die Playstation5.

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