Master & Dynamics MG20 Test Ein Kopfhörer für Gamer, denen Geld nicht so wichtig ist

Der Kopfhörer Master & Dynamics MG20
Nur zum Spielen fast zu schade: Das Master & Dynamics MG20 Gaming-Headset macht ohne Spangenmikrofon auch als Musik-Kopfhörer eine kleidsame Figur. Mit 450 Euro ist der Edel-Kopfhörer kein Schnäppchen.
© Hersteller
Ein flacher Sound kann das schönste Computerspiel ruinieren. Die Auswahl an sogenannten Gaming-Kopfhörern für rund 100 Euro ist groß. Ein neuer Anbieter möchte Gamer nun für ein Kopfhörer begeistern, der das vierfache kostet.

"Master & Dynamics" - Sie haben von dieser Marke noch nie etwas gehört? Gut möglich. Das New Yorker Unternehmen für hochwertige Kopfhörer ist keine zehn Jahre alt, vor allem in den USA und im hochpreisigen Segment unterwegs. Jetzt wagen sich die Amerikaner auf den deutschen Markt, mit einem Gaming-Kopfhörer für 450 Euro. Ein stolzer Preis in einer bereits gut besetzten Nische, in der bereits 150 Euro als teuer gilt.

Doch Deutschland ist ein vielversprechender Markt. Rund 34 Millionen Deutsche sind Computerspieler, die größte Gruppe sind wider Erwarten nicht Teenager, sondern die lukrative Zielgruppe zwischen 30 und 60 Jahre – und die investiert gern in ihr Hobby in Form von Konsolen, Grafikkarten für 1000 Euro, Joysticks für 300 Euro und VR-Brillen. Der Sound spielt bei vielen eher eine Nebenrolle.

Dabei ist die Güte der Soundkulisse entscheidet für die Immersion, also wie tief der Spieler in die Welt des Spiels eintauchen kann. Der Hochleistungsmotor eines Sportwagens in Gran Turismo muss im Spiel genauso satt wummern wie das Original und der Dschungel in einem Survival-Game wäre ohne die Kakophonie Hunderter kleiner und großer Kreaturen schlicht keiner. Schon gar nicht einer, der Angst macht.

Die Wirkung der besten Sounddatei verpufft indes auf schwacher Audio-Hardware. Da mag das Ausgangsmaterial eine noch so hohe Samplingrate haben, minderwertige Audiochips, Boxen und Kopfhörer verschlucken ihre feinen Nuancen. "Lost in translation" im Wortsinn. Bei den Audio-Prozessoren hat sich eine Menge getan. Bereits die auf dem Mainboard verbauten Audio-Prozessoren liefern heute durchweg gute Ergebnisse bis hin zum 7.1-Sourround-Sound. Doch wie gut der Sound eines Spiels tatsächlich im Ohr ankommt, hängt maßgeblich vom letzten Meter ab, den Kopfhörern.

Der Unterschied zwischen Kopfhörer und Gaming-Headset? Es gibt (fast) keinen.

Genau hier sieht Master & Dynamics offenbar eine Chance für ihren kabellosen MG20-Gaming-Kopfhörer. Der Unterschied zum normalen Kopfhörer? Es gibt eigentlich keinen, bis auf ein möglichst hochwertiges Spangenmikrophon direkt am Kopfhörer. Wichtig für alle Multiplayer-Gamer, um unkompliziert und vor allem klar verständlich mit ihren Team-Kollegen zu kommunizieren. Alternative wäre ein separates Mikrofon, das dann jedoch am Monitor steckt oder auf dem Schreibtisch steht. Noch ein Gerät, noch ein Kabel. Muss man mögen. Beim MG20 wird das Mikro aufgesteckt.

Optisch hebt sich das MG20 von seinen Mitbewerbern wohltuend ab: Es sieht nicht aus wie typische Gaming-Headset, mit ihren oft zu wuchtigem Design aus billigen Materialien und LED-Effekten. Stattdessen Ohrenpolster aus Lammleder, die Ohrmuscheln selbst aus leichtem Magnesium der Bügel aus Alcantara. Die Verarbeitung ist spitze, die Form skandinavisch reduziert, elegant. Mit 312 Gramm nicht zu schwer, nicht zu leicht. Verbunden mit dem Smartphone ist das MG20 auch auf der Straße kleidsam.

Kontakt zu Musikquellen nimmt das wahlweise in schwarz und weiß erhältliche Gerät via Bluetooth 5.2 auf. Ein Pluspunkt, bietet diese Version den Audiocodec LC3 sowie LE-Audio. Beide zusammen übertragen einen deutlichen besseren Klang bei gleichzeitig niedrigem Stromverbrauch. Am PC oder der Konsole übernimmt der mitgelieferte Dongle die Verbindung. Etwa 22 Stunden soll der Edel-Kopfhörer dank der neuen Technik durchhalten. Aufgeladen wird der Akku via USB-C-Kabel – also dem gleichen Stecker wie für jedes halbwegs aktuelle Smartphone. Praktisch für unterwegs. Cleveres Gimmick: Der MG20 spürt über Sensoren, ob er gerade aufgesetzt wird und schaltet sich dann automatisch an.

Und? Wie klingt er denn nun?

Die spannende Frage ist: Wie klingt er denn nun? Hören ist immer subjektiv, daher haben wir den MG20 gegen einen altgedienten „Gaming“ Senneheiser GSP 370 und  den beliebten Beyerdynamic MX300 antreten lassen und den Equalizer ausgeschaltet. Kurz: Der Unterschied zum Sennheiser ist enorm. Die 50 mm Beryllium-Treiber des MG20 liefern ein ausgewogenes, sattes Klangbild mit vielleicht etwas zu harten Höhen. Die Auflösung ist hervorragend. In Titeln wie Il2-Great Battles, Subnautica, Red Dead Redemption und DyingLight-2 sind deutlich mehr Feinheiten hörbar. Leise klappernde Bleche hier, raschelndes Laub dort, leichte Veränderungen des Fahrtwindes, selbst das Dröhnen von Motoren klingt vielschichtiger. Was der betagte Sennheiser verschluckt, bringt der MG20 zu Gehör. Sollte er aber auch, bei einem Preisunterschied von über 200 Euro und so hochwertigen Treibern.

Gegenüber dem bei Gamern hochgeschätzten MX300, immerhin auch 222 Euro teuer,  ist der Unterschied schon etwas kleiner. Der MX300 betont die für die Immersion in Spielen wichtigen Bässe. Ein Fest für Explosionen, Motoren, blubbernde Unterwassergeräusche und alle auf tiefen Tönen beruhenden Soundkulissen. Leider werden die Feinheiten in den Mitten dadurch verschluckt: Schritte, entfernte Gespräche und auch bei Musik. In dem wundervollen Soundtrack von Horizon Zero Dawn etwa stellt der MX300 den Bass in den Vordergrund und den feinen Gesang nach hinten. Der MG20 hingegen macht es andersherum, ohne jedoch dem Bass die kräftige Tiefe zu nehmen. Es klingt harmonischer.

So wird Musikhören mit dem Edelhörer zur echten Freude. Nicht so sehr bei bassbetonten Richtungen, vielmehr bei den feineren Tönen. Das Gespür für das Feine ist durchaus ein Vorteil in Games: Bassbetonte Treiber (so heißen die Lautsprecher in den Ohrmuscheln) "vernuscheln" die Schritte, die Schüsse, das Durchladen. Oft die letzten Geräusche, die Spieler in Multiplayergefechten vor ihrem digitalen Ableben hören. 

Der Kopfhörer Master & Dynamics MG20
Das Spangenmikrofon lässt sich einfach abziehen. Ein zusätzliches Mikro ist im Kopfhörer versteckt eingebaut. Sehr praktisch für unterwegs, für Sprachbefehle und Telefonie.
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Das aufsteckbare Mikrofon nimmt sauber auf, die Kommunikation via Teamspeak war selbst in lauten Spielsituationen stets klar und verständlich. Direkt am Headset lässt sich das Spangenmikro stummschalten und die Empfindlichkeit regeln. Ein rote LED zeigt an, ob das Mikrofon eingeschaltet ist. Rot heißt stumm, eine gute Sache. Selbst wenn kein Mikrofon aufgesteckt ist, kann der MG20 mit dem eingebauten Mikro noch Sprache identifizieren. Nützlich wenn das Headset jenseits des Spielens als Smartphone-Headset für Musik verwendet wird. Für Telefonieren und Sprachbefehle in ruhigen Umgebungen reicht es allemal.

Wo Licht ist, fällt viel Schatten

Wo so viel Licht einstrahlt, gibt es auch Schatten. Im Test litt der MG20 unter zahlreichen Verbindungsabbrüchen, obwohl der Dongle direkt am PC und nicht an einem Hub steckte. Deutlich stabiler stand die Verbindung nach einer umfangreichen Aktualisierung der Firmware, was gleich zum zweiten Kritikpunkt führt: Das Update gibt es nur mittels der Master & Dynamics Smartphone-App. Wer mit dem Headset auf PC und Konsole unterwegs ist, also im natürlichen Biotop eines Gaming-Gerätes, bekommt von Updates nichts mit. Das ist ein Manko und verglichen mit anderen Anbietern auch nicht die üblich. Zudem bleibt einem ohne App auch der Zugang zum Equalizer verschlossen. Hier blitzt beim MG20 klar sein wahres Wesen durch: Er ist eben doch ein Musik-Kopfhörer. Und ein Einzelgänger.

Die Soundkarte im PC interessiert ihn wenig, er bringt seine eigene mit. In Games kann das von Nachteil sein, etwa beim Raumklang. Die Software mancher Soundkarte erschafft die Illusion von im Raum verteilten Geräuschen recht perfekt. Der Spieler kann so zum Beispiel hören, aus welche Richtung Schritte kommen und wie weit entfernt sie sind. Überlebenswichtig in Multiplayer-Shootern. Der MG20 bietet alternativ auf Tastendruck einen 7.1-Modus an, also sieben virtuelle Lautsprecher und eine Bassquelle. Leider klingt dieser Modus meist flach, hallend und überscharf. Das können selbst ältere Soundblaster-Soundkarten besser. Wer seine Soundkarte weiterhin verwenden möchte, muss das MG20 über den mitgelieferten Klinkenstecker mit ihr verbinden.

Der Preis ist heiß

Den wohl größten Schatten wirft der Preis. Allein zum Spielen ist der MG20 zu schade. Hier lassen sich leicht 200 Euro sparen und mit Modellen von zum Beispiel Teufel, EPOS (Senneheiser) oder Beyerdynamic Games in hoher Audiogüte genießen. Wer hauptsächlich Musik hören möchte und Gaming Beiwerk ist, der liegt mit dem Master & Dynamics schon besser. Der MG20 wirkt unaufdringlich, der Tragekomfort ist hoch, der Klang spitze und die Abschirmung vor Außengeräuschen auch ohne aktives Noise-Canceling gut. Im Audiophilen-Bereich fallen 450 Euro auch als nicht übertrieben auf, sie sind eher Mittelwert.

So oder so, der Kauf von Kopfhörern für Games bleibt eine Qual, weil die Wahrnehmung von Tönen eine zutiefst individuelle Sache ist. Was für den einen wunderbar klingt, empfindet der andere als völlig unausgewogen. Der eine möchte mit wuchtigem Bass und betonten Mitten in die Spielewelt eintauchen, der andere erwartet ein knackscharfes Soundbild, um Multiplayergegner früher zu hören und damit einen Vorteil zu haben. Beides zusammen gibt es kaum. Dazu kommt noch das Alter. Mit 50 hört man anders als mit 20 - auf jeden Fall weniger. Es ist kompliziert.

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