Lange Zeit galt Netflix in der Entertainment-Branche als der beliebte Underdog. Filmemacher schätzten den Konzern, weil er auch ungewöhnlichen Nischenprojekten grünes Licht gab, die der traditionellen Hollywood-Maschinerie nicht lukrativ genug erschienen. Doch spätestens als die magische Marke von 100 Millionen Abonnenten geknackt wurde, war allen bewusst: Netflix ist gekommen, um zu bleiben - und verändert das Geschäft fundamental.
Milliarden-Offensive bei Netflix
Am Montagabend gab der Konzern nach Börsenschluss neue Rekordzahlen bekannt: In nur drei Monaten konnten 5,3 Millionen neue Abonnenten gewonnen werden. Die Gesamtzahl stieg auf 109 Millionen. Und die Prognosen für das kommende Quartal sind ähnlich vielversprechend: Nun, wo es draußen dunkler und ungemütlicher wird, erwartet Netflix-Chef Reed Hastings sogar 6,3 Millionen neue Kunden. Der Analyst Richard Greenfield verglich den Konzern schon im Sommer mit einem "Monster", das von den Traditions-Medienunternehmen geschaffen wurde - und nun die eigene Zukunft gefährdet.
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Doch warum läuft es so gut bei Netflix? Es sind vor allem die eigenproduzierten Inhalte, die Kunden bei der Stange halten. Dazu zählten in jüngster Zeit die Serien "Mindhunter", "Ozark", "Big Mouth" oder "Designated Survivor". Demnächst erscheint die lang erwartete zweite Staffel der Mystery-Serie "Stranger Things". Zugleich wurden Fortsetzungen von Serien, von denen man sich mehr versprochen hat, gestrichen - prominente Opfer sind etwa "Sense8" und "The Get Down". Das schaufelt Ressourcen für neue Projekte frei - und damit potenzielle Publikumslieblinge.
Apple und Facebook mischen bald mit
Doch die Konkurrenz schläft nicht. Neben Schwergewicht Amazon versuchen viele weitere Herausforderer, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Sky hat gemeinsam mit den Öffentlich-Rechtlichen mit "Babylon Berlin" einen Riesen-Hit gelandet - allerdings wird die Serie in den USA bei Netflix ausgestrahlt. Hulu sahnte mit "The Handmaid's Tale" bei den Emmys ab, hierzulande gibt es die Serie exklusiv bei der Telekom.
Und neue Herausforderer stehen bereits in den Startlöchern: Facebook will eine Milliarde in eigene Film- und Fernsehinhalte stecken. Apple konnte Steven Spielberg für ein Remake seiner Serie "Unglaubliche Geschichten" verpflichten. Der iPhone-Hersteller will ebenfalls eine Milliarde investieren und plant Formate im Kaliber eines "Game of Thrones".
Den Preis zahlen die Abonnenten
Noch ist das alles Zukunftsmusik. Die nächsten Monate dürfte Netflix-Chef Reed Hastings seinen Expansionskurs weiter vorantreiben. Der ist aggressiver als je zuvor: Damit das Wachstum an Abonnenten nicht abflaut, will Netflix im kommenden Jahr satte acht Milliarden US-Dollar in die Produktion neuer Inhalte investieren. Bislang war stets von sechs Milliarden die Rede. Das Wachstum hat seinen Preis: Um die Zusatzeinnahmen stemmen zu können, hat Netflix vor kurzem die Preise erhöht, sowohl für Neu- als auch Bestandskunden.
